Von Heinz Grill
Starke Polaritäten innerhalb des mentalen und emotionalen Menschseins führen zur Verschlechterung der Wirtschaftssituation und zu Zusammenbrüchen
Die äußeren Analysen des Wirtschaftssystems, wie sie gute Fachexperten wie Dirk Müller oder Ernst Wolff leisten, können relativ klare Vorstellungen über die missliche Situation, in der die gegenwärtige Zeit steht, geben. Günstig ist es immer, wenn wissenschaftliche oder am System angebrachte Analysen mit einer spirituellen Sicht zusammenkommen. Wie aber sieht eine spirituelle Sicht aus?
Zunächst ist eine unglaubliche Hybris, die über die Jahrzehnte hinweg angewachsen ist, im allgemeinen Wirtschaften sichtbar. Das gesunde Werteverhältnis verschob sich in eine nach Erfolg, höchster Steigerung und überdurchschnittlicher Technisierung ausgerichtete Maximierung. Wirtschaften aber würde nach dem besten Verständnis vor allem die Lebensqualität eines jeden Menschen und dies nicht nur im Westen, sondern in der ganzen Welt, fördern. Wertebewusstsein und Wirtschaft lassen sich nicht voneinander trennen.
Der Gegenpol, der scheinbar zum Wirtschaften besteht, wäre alles mystische Leben mit seinen unterschiedlichen spirituellen Ansätzen und Techniken zur Selbstversenkung und Selbstkontemplation. Der typische Mystiker wendet sich tendenziell von der Bewegungsrichtung seiner Seele mehr vom Leben ab, während der Wirtschafter sich dem Leben mit allerlei Analysen, Forschungen und Wahrnehmungen hinwendet.
Ein geistiger Blick über die Gesetze der Reinkarnation und des nachtodlichen Lebens zeigt ein großes Wechselverhältnis, das gleichsam wie ein Pendelschlag die beiden Ebenen, diejenige der bewussten Innensicht und jene der bewusst gewählten Außensicht, miteinander verbindet. Das Verhältnis ist tatsächlich wie in Pendelschlägen. Ganz besonders kann eine falsche Selbstversenkung zur Hybris im Wirtschaften führen und umgekehrt führt das harte äußere Leben mit all seinen Leistungsanforderungen und nervlichen Überspannungen zur Flucht des menschlichen Bewusstseins nach innen. Falsche Spiritualität jedenfalls verbindet nicht die beiden Welten, sondern schlägt in großen Pendelschlägen den Materialismus zur Hybris empor. Es ist sogar in falscher Spiritualität der verborgene Keim zum Wirtschaftszusammenbruch gesät.
Ein kleines Beispiel für eine Innensicht, die jedoch eine reine Weltenflucht und in jeder Weise eine neue Illusion schafft, kann hierzu von einem Auszug eines Textes von Kurt Tepperwein demonstrieren. Grundsätzlich ist es immer ein Wagnis einen anderen Interpreten des Geistlebens zu interpretieren oder ihn sogar zu kritisieren. Der Vorwurf, man würde sich selbst aufwerten und andere abwerten drängt sich auf und nicht selten erbringt es den Anschein von Intoleranz. Ist man aber nicht, wenn man Kenntnis von den geistigen Welten besitzt, auch über das was andere tun mitverantwortlich? Wäre nicht ein sachlicher Dialog, der nicht den Menschen, sondern die Art zu Diskutieren, wie Spiritualität verstanden wird, welche Unterschiede, welche Folgen, welche Wirkungen es aus dem einen oder anderen Konzept ergibt, für alle Menschen heute verpflichtend? Im Wissen, dass gerade diese Darstellung eine Menge Kritik einbringen wird und mich der Intoleranz beschimpfen wird, fühle ich mich dennoch verpflichtet, meine Wahrnehmung zu schildern.
Kurt Tepperwein äußert zum Thema „So kommen Sie vom Denken zur Wahrnehmung“ beispielsweise folgendes:
„Machen Sie sich einmal bewusst, welchen Preis Sie zahlen, solange Sie noch denken. Denn solange Sie noch denken, sind Sie im Verstand und damit in der Ich-Identifikation. Sie können nicht online gehen und sich von der universellen Weisheit führen lassen. Solange Sie noch denken ist die Leitung für den Empfang der Wahrnehmung besetzt und sie müssen Entscheidungen aus dem begrenzten und begrenzenden Verstand fällen, mit allen möglichen Fehlern. Solange Sie noch denken, schafft sich der Verstand mit dem Ego ein Ich-Leben. So leben Sie gar nicht wirklich Ihr Leben.“ 1) Ausschnitt aus dem YouTube-Video „So kommen Sie vom Denken zur Wahrnehmung“ – Kurt Tepperwein abgerufen am 31.12.22
Die bewusste Abkehr vom Leben geschieht durch die Eliminierung des Denkens. Sie führt in eine Innensicht, die unbewusst angelegte Bindungen mit dem Selbst verwechselt. Der Selbstbegriff erscheint nicht gehaltvoll im Sinne eines wirklichen Gedanken- und Geistinhaltes, eines tatsächlich in der geistigen Welt bestehenden Seins, wie es noch die großen Philosophen empfunden haben. Indem das Denken eliminiert wird, wird auch der Gedanke als Seinsexistenz eliminiert. Kurt Tepperwein kommt dadurch zu dem Schluss, man müsse sich nur an das innere göttliche Selbst erinnern und somit könnte man in die Selbstverwirklichung gelangen. Obwohl große Lehrer wie Aurobindo und Sivananda die Ruhe im Denken lehrten, so erscheint jedoch der Kontext ganz anders, denn diese Meister wussten sehr wohl zu unterscheiden zwischen Denkprozessen und der Seinsexistenz, die beispielsweise im Gedanken liegt und die Platon und auch viele andere Philosophen als die eigentliche Realität bezeichneten.
Wenn nun jemand dieser Art, wenn man es so bezeichnet, Selbstaufgabe, wie sie Kurt Tepperwein lehrt, folgt, reduziert sich mit der Zeit die menschliche Entwicklung auf ein scheinbar göttliches Innenleben, das sich aber genaugenommen mit einem tief liegenden, aufgespeicherten und verborgenen Emotionaldasein, das heißt, einem rein gebundenen karmischen Teil erneut in das Bewusstsein empordrängt. Nicht ein inhaltlich geistvolles Selbst erkraftet, sondern ein aufgespeichertes, verborgenes Wunsch- und Traumbewusstsein tritt als vermeintliches Selbst hervor. Es entsteht mit diesen und vielen heute fast modern gewordenen Meditations- und Kontemplationsansätzen eine perfekte Rückzugsneigung von der Teilnahme an der Welt. Diese Formen der Selbstaufgabe und der Rückzugsneigung in das unbekannte Innenleben bewirken für die gesamte Weltenlage in ihrer Summe nicht wenig. Das kosmische Gleichgewicht stört sich ebenfalls, weil die Kräfte, die zu starker Mystik verwendet werden, der Weltschöpfung abgezogen werden. Im gesamten Energieverhalten der Welt und im Stillen der Seelen äußert sich ein großer Pendelschlag hinüber zur materialistischen Welt. Die falsche Weltenabkehr und die Scheinerleuchtung fördern am allermeisten den Wirtschaftszusammenbruch. Infolge der Tatsache, dass viele Menschen sich in Gruppen mit scheinspirituellen Ansätzen flüchten, gibt es große Pendelschläge, die ein wirkliches Zusammebrechen des Wirtschaftens immer mehr produzieren. Künstliche Intelligenz ist weiterhin eine Folge eines Mangels an eigenständiger und integrativer Bewusstseinsarbeit. Jener, der heute einen Beruf wie den des Chirurgen erlernt, muss erstaunliche Opferleistungen für sein fachliches Können erbringen. Wenn er ein flottes Auto fährt, so wird er dennoch niemals so stark Materialist werden können, wie derjenige, der sein Denken reduziert und vermeintlicherweise ein Selbst in seinem eigenen Innenleben entdeckt.
Die Sätze von Kurt Tepperwein könnte man durchaus etwas anders formulieren, sodass sie zumindest einmal in die Integrität des Daseins gebracht werden. Man müsste sie etwa folgendermaßen formulieren:
„Der Gedanke ist eine Seinsexistenz. Diesen Gedanken in seiner reinen und schönen Form kann der einzelne Mensch nicht leicht erkennen, da er ein von Gefühlen und Trieben beeinflusstes Denken besitzt. Aus diesem Grunde müssen zunächst einmal die ganzen Denkvorstellungen auf geordnete und logische Weise entwickelt werden, sodass sie nicht mehr den Emotionen und Trieben unterliegen. Schließlich sollten diese Denkvorstellungen nicht mehr eliminiert werden, sondern nach ihrem Kerninhalt, nach dem wirklichen Gedankeninhalt erforscht werden. Indem der Einzelne diese Tätigkeit in wachsendem Maße leistet, erkennt er den Gedanken als eine tatsächliche Seinsexistenz und er erkennt die daraus sich ständig neu formende Entwicklung. Das Innenleben jedoch, das im Organischen aufgespeichert ist und in das sich der Mystiker so gerne hineinversenken möchte, muss entschieden zurückweichen, denn dieses verbirgt, wie es die Bhagavad Gita ausdrückt, die große Gefahr mahabhaya.“ 2) Den Begriff mahabhaya verwendet die Bhagavadgita im 2. Kapitel, Vers 40.
Indem der Mensch den Gedanken immer mehr in seiner Seinsexistenz entwickelt, gewinnt er durch diesen eine Stellung, die vermittelnd zwischen Welt und Geist tätig wird. Er wird eine neue Beziehung zum Geld finden.
Das Wirtschaften der Zukunft
Das Wirtschaften für die Zukunft wird erst sehr langsam zur Entwicklung gelangen. Zunächst ist ein reales Wertegefühl nötig. Hierzu braucht der Einzelne ein konkretes Denken und anhand dieses konkreten Denkens muss er ein ausreichendes Gefühl entwickeln. Schließlich erfordert ein Umgehen mit Gütern im gegenseitigen Austausch, sei es mit Geld oder im Tauschhandel, ein solides Einschätzen des eigenen Wertproduktes als auch des Partners, der dieses Produkt entgegennimmt. Ein Denken in konkreter und solider Form ist im Wirtschaften wegweisend.
Des weiteren aber gibt es Werte, die sich nicht mehr unmittelbar an einem Produkt bemessen. Diese erscheinen beispielsweise in der Fähigkeit des einzelnen Menschen, der eine seelische Gabe mit dem Produkt transportiert. In der Kunst erscheint beispielsweise nicht nur das rein äußere Gemälde, sondern im Ausdruck gerinnt eine Idee zur lebendigen Gestalt und wird der Welt wie ein nicht leicht zu bezahlender Wert übergeben. Die ideellen Werte können und müssen sogar für die Zukunft ebenfalls das menschliche Dasein begleiten. Sie sind nicht mit Geld zu bezahlen. Vielmehr erfordern sie von dem, der eine Gabe ideeller Art entgegennimmt, eine Verantwortung.
Das kommende Jahr wird im Wirtschaften große Überraschungen bringen. Deutschland steuert auf einen fatalen Zusammenbruch im Wirtschaften zu, wobei die Schlüsselfunktion von Deutschland auf andere Länder extrem beeinflussend wirkt. Zusammenbrüche sind indirekt dadurch in anderen Ländern sehr wahrscheinlich. Italien wird sich vor allem im Sinne einer Selbsthilfe in Gegenseitigkeit leichter organisieren als Deutschland. Die Wirtschaft aber in Italien geht dem Ende zu.
Eine zukünftige Vision für ein wirkliches Wirtschaften muss vollkommen neu mit einer hochsozialfähigen Idee begleitet sein.
Geld regiert die Welt.
Nein, das darf nimmermehr sein.
Der Gedanke kreiert die Brüderlichkeit.
Sein Licht integriert das Geld.
Fortsetzung folgt.
Anmerkungen
⇑1 | Ausschnitt aus dem YouTube-Video „So kommen Sie vom Denken zur Wahrnehmung“ – Kurt Tepperwein abgerufen am 31.12.22 |
---|---|
⇑2 | Den Begriff mahabhaya verwendet die Bhagavadgita im 2. Kapitel, Vers 40. |