Wissenschaft und Freiheit

Von Heinz Grill

Was ist ein philosophischer Wertbegriff?

Interessanterweise führt sich der Wissenschaftsbegriff auf den großen westlichen Philosophen Platon zurück, der jedoch nicht von direkter Wissenschaft sprach, sondern von der sogenannten Dialektik1) Dialektik bedeutet ursprünglich die Kunst, ein Gespräch zu führen, mit Rede und Gegenrede, zur Wahrheitsfindung., die eine Art Methodik des bewussten gedanklichen Forschens darstellt. Die Wissenschaft zentriert ihre Aufmerksamkeit auf das rationale, geordnete Erfassen eines gewählten Phänomens, beispielsweise die Berechnungen der Materie in der Physik oder die lebendige Natur im Sinne der Biologie, die Erforschung des menschlichen Wesens in der Psychologie und Medizin oder die Stoffkunde in der Chemie. Im Gegensatz zu der Philosophie und ihrem ursprünglichen wissenschaftlichen Ansatz, der sich schließlich auf alle Fachbereiche der Forschung erstreckte, stellt sich die katholische Theologie dar, indem sie mit festen Glaubensbekenntnissen und Glaubensdogmen die forschenden, nach Wahrheit ausgerichteten und nach kausalen Wirkungsprinzipien funktionierenden Denkansätze weitgehendst vermeidet. Anstelle nach höchster universaler Gültigkeit und rationaler Begreifbarkeit mit möglichst logischer Ordnung zu streben, gibt sich die Theologie mit monokausalen, nicht hinterfragbaren Erklärungsmodellen zufrieden.

Ein Streben des Menschen in forschender Tätigkeit zur Welt und zu den Seinsexistenzen des Daseins, sowohl des Humanen als auch des Animalischen, des Vegetativen und der toten Materie, führt nicht nur zu gültigen, nachvollziehbaren, vermittelbaren und erklärbaren Erkenntnissen, die qualitativ sein Leben bereichern, sondern ermöglicht ihm eine wachsende Freiheit. Freiheit bedeutet jedoch niemals ein zügelloses, ohne Verantwortlichkeit gestimmtes Leben, sie ist vielmehr in ihrer großzügigen Erscheinungsform ein Ergebnis eines individuell reif gewordenen Daseins und äußert sich in der Regel durch eine Vielzahl von errungenen Wahrheitseinsichten. Das Geheimnis dieses Forschens ist es, dass obwohl es zur Materie häufig ausgerichtet ist, der menschliche Geist tätig ist und in letzter Konsequenz eine geistige Ursache als reale Dimension gedacht werden muss. Alle Erscheinung, um diese in ihrer Wahrheit zu erkennen, benötigt ein Denken, das den Geist als reale Wirklichkeit keinesfalls leugnet. Auf eine gesamte Kultur bezogen liegt wahre Freiheit deshalb nicht in einem banalen Hedonismus, der sich emotionale Vorteile im Genuss des Lebens verschafft, sondern sie zeigt sich vor allem in der reifen Verantwortlichkeit und Soziabilität mit größtmöglicher Weisheit in der Gegenseitigkeit und tatsächlicher universaler Einheit mit der Weltenschöpfung. Freiheit muss durch ein ständig erwerbbares solides Wissen auf eine Stufe außerhalb oder über den Polaritäten des Daseins erwachen.

Selbstauslöschung des italienischen Staates

Die Frage, wie sich beispielsweise ein ganzes Land plötzlich durch eine sogenannte Pandemie in ihren natürlichen Beziehungsformen, in ihrer ohnehin schon schwachen Ökonomie, in ihrer Jurisprudenz und schließlich mit ihren Bedürfnissen nach Aktivität vollkommen diminuieren lässt, ist für einen Beobachter, der die Phänomene von verschiedener Seite studiert und der eine Einschätzung solider Art erringt, nicht verständlich. In Italien setzt man mittlerweile die Kinder vor die Fernseher, um sie vor dem Außenraum beispielsweise beim Tummeln auf der Wiese und damit vor Ansteckung zu schützen. Man lässt den älteren Personen keinerlei Besuchsrecht und hält sie wie gefangen in Räumen fest und schließlich verbietet man seit zwei Monaten den gesunden natürlichen Ausgang zu Spaziergängen, Sport und Aktivitäten. Welche Wissenschaft, welche konstatierten Weisheiten, welche dargelegten Forschungen können über diese lange Zeit hinweg die drastischen freiheitseinschränkenden Maßnahmen rechtfertigen? Betrachtet man das Phänomen der Freiheit jedoch nicht in diesem Sinne abhängig von Ausgangssperren und angewandten Epidemiegesetzen, sondern bezieht man es ganz auf den Menschen und seine Seele, seine geistigen Möglichkeiten der eigenen Erkenntnisbildung und der daraus resultierenden Verantwortung, so wird man feststellen, dass gerade diese inneren Qualitäten am meisten gefährdet sind. Der Mensch verliert sein geistiges und seelisches Lebensgefühl und seine eigenständige Möglichkeit des Erforschens von Wahrheiten. Es ist sowohl die Wissenschaftlichkeit der Zeit als auch die Freiheit im denkbar größten Niedergang.2) Heute erforscht man fast ausschließlich den Virus im Labor und sucht nach Impfstoffen. Wie jedoch der Mensch mit einem Virus entwicklungsgemäß in Verbindung steht und welche Bedeutung eine Krankheit für die Reifewerdung des Charakters besitzen kann, fragt man sich nicht.

In Italien sagen mittlerweile im Nihilismus begriffen viele, dass sie lieber sterben wollen, als unehrenhaft noch einige Zeit zu leben und schließlich an den Folgen der Isolierung langsam seelisch und zuletzt sogar körperlich zu veröden. In Deutschland hingegen zeigen sich sehr namhafte Wissenschaftler, wie Prof. Sucharit Bhakdi, Dr. Wodarg, Dr. Köhnlein, Prof. Streeck und viele andere, die das Phänomen des Coronavirus faktisch erklären und schließlich aufklären wollen. Wo lebt die geistige Dimension, die über die gesamte Polarität hinausragt? Sie lebt bereits im Forschen, aber sie ist noch nicht benannt. Den wirklichen Wissenschaftlern steht eine Zahl von Gegenstimmen gegenüber, die, wenn man sie auf die faktischen Aussagen sorgfältig prüft, noch nicht einen verwertbaren und mitteilbaren Forschungshintergrund aufweisen. Zahlen mögen Zahlen sein, jedoch erscheint es schwer zu eruieren, in welchem Zusammenhang diese Zahlen ihre Wirklichkeit besitzen. Die Freiheit des Menschen kann wohl nur dann erfolgen, wenn Handlungen nicht durch Suggestionen, Annahmen, zu befürchtende Ängste oder sogar durch fremde wirtschaftliche Interessen geleitet sind. Eine Norm, die besagt, dass man auf alle Werte des gewöhnlichen Alltags und vor allem auf Beziehungen verzichten müsse, um gesund zu bleiben, und die weiterhin verlangt, dass man auf die Freiheit verzichten müsse, um sich vor eventuellem Tod zu retten, ist mit Sicherheit keine Lösung. Auf philosophischer und anthropologischer Ebene entsteht mit diesen Denkansätzen, die heute die Coronazeit leiten, eine wachsende Hilflosigkeit, sowohl in der Politik als auch im Volk.

Der Ruf nach wirklicher Wissenschaft

Für die Coronakrise wird der Ruf nach wirklicher Wissenschaftlichkeit sowohl auf der Ebene der Medizinforschung, als auch auf den erweiterten Ebenen einer umfassenden Psychologie oder sogar geistigen Wissenschaft notwendig. Wer ein Phänomen erforscht, wendet sich einem sichtbaren oder wahrnehmbaren Objekt der Weltenschöpfung hin. Das Mysterium aber in dieser Hinwendung besagt, dass er sich nicht nur der Materie widmet, sondern auch dem Geist, der Wahrheit, der inneren Beziehung, der Herkunft und des Ursprunges dieser Erscheinung. Fehlt aber diese Hinwendung, dies vielleicht aus Ignoranz, aus Schwäche und Angst oder aus einem kollektiven Überhandnehmen von suggestiven Einflüssen, erlebt sich der Mensch in einem wachsenden Verhülltsein und einem unausweichlichen Gefühl der Hilflosigkeit. Die Suggestionen der Zeit zeigen wohl am deutlichsten die sich gegenseitig bedingende Verlorenheit in der Welt.

Die mögliche und im Westen hochstehende Kultur der Wissenschaftlichkeit, die zur Freiheit notwendig ist, betrifft die Forscher selbst, aber sie kann nicht stehen bleiben bei einigen wenigen, sondern sie muss sogar den einzelnen Bürger zur Weisheit entflammen lassen. Es ist wohl nicht zu übersehen, dass passive Hoffnungen ohne Wissen die Zeitphänomene leiten und eigenartige Glaubensprinzipien, die mehr der Theologie entspringen, die Führung übernehmen. Ein Euphemismus, das alles wieder werden soll, wie einstmals und vielleicht sogar noch besser werden könne, äußert sich ohne konkret gedachte Zielperspektiven und Zielansätze. Weil die Tatsache eines inneren Verlustes ohne Zielorientierung so sehr zu beobachten ist, beginnen die Menschen sich gegenseitig zu denunzieren und beschimpfen sich wie zu alten Zeiten als „untore“, als Überträger einer schweren Krankheit, wenn sie nachts in Italien entgegen der Vorschriften ihrem Bewegungsbedürfnis nachgeben und allein im Walde spazieren gehen.

Es ist etwas sehr schönes, wenn man ein Phänomen wie einen Virus, eine Pathologie oder eine Verhaltensweise, die in Erscheinung tritt, untersucht und eine ausreichende Erklärung mit Kausalität, Folgen und Logik entdeckt. Der Mensch wird von monistischen, engen Glaubensformeln, die ihm aufdoktriniert werden frei und er entwickelt den Mut, nicht gegen die Zeitbedingungen anzukämpfen und nicht diejenigen, die Angst propagieren, zu verurteilen, sondern er lernt sich mit den verschiedenen Darlegungen in Beziehung zu bringen und schließlich entdeckt er Ursachen und Wirkungen, neue Phänomene und neue Hintergründe und er fühlt sich aufgrund seiner eigenen Substanzerkraftung eines sowohl methodischen als auch geistigen Forschens wie geschützt.

Die Stellung des Menschen in der Coronakrise

Die wirkliche Art gegen Corona anzutreten ist, den Suggestionen, die heute durch viele Denkschwächen und Denkfehler entstehen, mit klarem, logischem Verstand ins Auge zu blicken. Im Zentrum der Forschung steht der Virus und leider wird übersehen, dass im Mittelpunkt der Betrachtung der Mensch und seine Gesundheit stehen müsste. Dieser Denkfehler liegt der Krise zugrunde. Diese Freiheit benötigt der Mensch, denn er darf nicht vermeintlicherweise ein Opfer eines Mikroorganismus werden, genau genommen ein Opfer der Angst vor einem Mikroorganismus, sondern kann diesem kleinen Wesen, seinen Ursachen und maximalen Folgen, und damit sich selbst und seinem eigenen inneren Schwachsein, mit Unerschrockenheit begegnen. Die Freiheit des Forschens und der Erkenntnisbildung, sowie auch der Mitteilung seiner Erkenntnisse und seinen Kampf um Wahrheit darf sich der Mensch nicht absprechen lassen. Wenn das Grundgesetz im ersten Artikel von Würde spricht, so müsste sich der Mensch gerade zu dieser würdevollen inneren Haltung des Denkens aufrichten.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Dialektik bedeutet ursprünglich die Kunst, ein Gespräch zu führen, mit Rede und Gegenrede, zur Wahrheitsfindung.
2 Heute erforscht man fast ausschließlich den Virus im Labor und sucht nach Impfstoffen. Wie jedoch der Mensch mit einem Virus entwicklungsgemäß in Verbindung steht und welche Bedeutung eine Krankheit für die Reifewerdung des Charakters besitzen kann, fragt man sich nicht.

2 Replies to “Wissenschaft und Freiheit”

  1. Es gibt sicherlich viele gute und verantwortungsbewusste Wissenschaftler (die auch zum Teil von Heinz Grill namentlich genannt sind), die sich zu der Corona-Thematik Gedanken machen, aber sie werden von den Politikern nicht beachtet und von den allgemeinen und offiziellen Medien verschwiegen. Es erscheint, als ob es eine Art Auswahlverfahren gibt, so dass nur Informationen die der politisch-wirtschaftlichen Strategie nützlich sind, in der Öffentlichkeit groß dargestellt und diskutiert wird. So werden die Bürger jeden Tag mit fragwürdigen Forschungsergebnissen überhäuft und Forscher, die andere Blickwinkel eröffnen, ausgeschlossen und zunehmend diskreditiert. Die öffentlichen Diskussionen werden auf einer vorselektierten Grundlage geführt und führen damit zu den schon vorab geplanten Ergebnissen.

    Hier eine Aussage von Herrn Ulrich Keil, (Jahrgang 1943, war Direktor des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster, arbeitete über Jahrzehnte als Berater der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und fungierte bis 2002 als Vorsitzender der Europäischen Region der International Epidemiological Association (IEA), des Weltverbands der Epidemiologen.)

    Ein Interview, dass sich in ganzer Länge auf den NachDenkSeiten finden lässt:

    Coronavirus: Epidemische Lage von nationaler Tragweite?
    Frage von Herrn Ralf Wurzbacher (Redaktion) an Herrn Keil:
    Der Begriff Immunität wird in der laufenden Diskussion so gebraucht, dass man spezifische Antikörper gegen diesen spezifischen Erreger aufbauen muss. Wie kommt es dann, dass über 80 Prozent der Infizierten die „Krankheit“ symptomlos oder nur mit milden Symptomen durchmachen?

    „Immunität bildet sich nicht nur mittels Antikörpern. Es gibt auch eine sogenannte Zellimmunität und viele andere Mechanismen, wie sich der Körper gegen Eindringlinge zur Wehr setzt. Indem wir von Geburt an mit immer neuen, weil ständig mutierten Grippeviren in Kontakt kommen, entwickelt der Körper so eine Art Abwehrgedächtnis. Wenn wir in der Vergangenheit ein bestimmtes Coronavirus erfolgreich bekämpft haben, gelingt uns das bei neueren Varianten wiederum leichter und besser. Ob wir erkranken, ist vor allem auch sozial determiniert. Der berühmte Sozialmediziner Rudolf Virchow hat schon vor weit über hundert Jahren erkannt, dass die Lebenserwartung stark abhängig ist von der sozialen Stellung. Frische Luft und Bewegung sind ebenfalls immens wichtig zur Stärkung der Abwehrkräfte. Deshalb ist es ja so unsinnig, die Schulen geschlossen zu halten, Kinder nicht im Freien spielen zu lassen und alte Menschen in Heimen zu isolieren.“

    Herr Keil kann aus seinen beruflichen Erfahrungen sprechen und eröffnet dem Leser – auf diesem für Laien unbekannten Gebiet – damit die Möglichkeit zu weiteren Überlegungen und eigenen Entscheidungen. So wäre es unbedingt erforderlich und demokratisch, dass viele Wissenschaftler zu Wort kommen und ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit, zur Anschauung und Auseinandersetzung, zur Verfügung stellen könnten.

  2. https://pixabay.com/de/illustrations/corona-coronavirus-maske-covid-19-5032904/

    Der Maskenmann

    Wir haben eine Maske an
    die Maske die ist keine Zier
    doch alle tragen sie hier

    Die Maske, die soll schützen
    drum sollen wir sie benützen
    doch durch den Atem wird die Maske nass
    das macht den Viren großen Spaß

    Die Kommunikation wird schwer
    da kommen Gesichts-Plastikschilder her
    das Plastikschild unsre Mimik sichtbar macht
    man sieht es ihm an ob er weint oder lacht

    Wenn das Gegenüber Maske trägt
    so man sich öfter frägt
    ist meine Botschaft angekommen
    oder ist sie davon geschwommen

    Auch hindern die Maßnahmen den Atem, das Gefühl
    eine Hebung der Stimmung, der Therapie Ziel?
    Könnte Atem sich begegnen
    könnte sich die Seele leichter regen

    Das Atemschwingen hin und her
    das wird durch diese Technik schwer
    es wird entstellt das Gesicht
    das stört die Behörden nicht

    Im Normalfall atmen wir alle die gleich Luft
    Das wurde uns verboten, sie Schuft!
    Man will uns mit Maulkorb bezwingen
    wir müssen Geist erringen

    man kann die Gefühlsarbeit behindern
    am Ideal ansetzen würde das lindern
    das ist oftmals leider gar nicht leicht
    darum war die Therapie bisher so seicht

    und als Folge der Bequemlichkeit stellt sich ein
    ein Covid 19 Virus winzig klein
    damit wir langsam aufwachen
    sonst würde die Welt zerkrachen

    Ohne Angriffe würde der Geist nicht reifen
    Manipulationen und Suggestion greifen
    die Lüge bringt die Menschen zur Wahrheit
    es kommt langsam vieles zur Klarheit

    Wir brauchen den klaren Gedanken
    und die Meditation
    sonst würde alles wanken
    das tut es ja schon

    Manche Scherben bringen Glück
    sie bringen uns weiter ein gutes Stück
    zum Alten gibt es kein Zurück

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