Von Heinz Grill
In allen Lebenslagen, ganz besonders an Tagen mit Krankheit, wäre es sehr günstig, wenn es sowohl dem Patienten als auch dem Behandler gelingen könnte, ein sehr klares, körperfreies und somit ein sogenanntes sattva-Bewusstsein, wie es im letzten Artikel dargestellt worden ist, zu fördern. Ist die Krankheit der eigentliche Feind des Menschen oder sind es nicht vielmehr die widrigen, ungelösten und aufreibenden Bewusstseinsumstände, in denen sich der Kranke befindet, oder nicht nur der Kranke, sondern sogar die Freunde, die Verwandten und zuletzt der behandelnde Therapeut, die zu allerlei Komplikationen beitragen? Grundsätzlich ist die Krankheit eine Reaktion auf die verschiedensten Umstände, die im Bewusstsein vorgehen, und deshalb sollte sie nicht als die eigentliche Feindschaft betrachtet werden. Obwohl ein Schmerz, ein Missstand im Bewegungsapparat oder ein depressives Gelähmtsein den Menschen erheblich belasten, so sind dies dennoch Symptome, die reaktiv auf die Umstände von verschiedenen Bewusstseinsverhältnissen, sei es den eigenen subjektiven oder den von außen kommenden, reagieren. Die Forschung, wo die eigentlichen Feinde mit ihren Widersacherkräften und Störmechanismen liegen, dürfte wohl eine der wichtigsten Aufgaben für den Kranken, wie auch für den behandelnden Therapeuten sein. Jede gesundheitliche Beeinträchtigung fordert unweigerlich zu einer Auseinandersetzung auf. Bleibt diese Forschungsarbeit nur in den symptomatischen, materiell greifbaren Teilbereichen oder schließt sie die Psyche und darüber hinaus die Einflüsse aus metaphysischen und fein wirkenden Beziehungsstrukturen in die Betrachtung mit ein?
Die Erfahrung, dass eine Krankheit, nachdem sie überstanden ist, eine segensvolle Wendung für das Leben erbrachte, ist wohl nicht selten. Viele Menschen berichten von Episoden des Leidens und können aufgrund einer sehr hohen Resilienz, Verarbeitungsfähigkeit und Weisheit die schmerzvollen, reduzierenden Phasen positiv einordnen. Grundsätzlich gehört jede Konfliktsituation und leidvolle Zeit zur Entwicklung der menschlichen Reife dazu. Wer zu viele einseitige Hygienemaßnahmen betreibt und immer in Angst vor Bakterien und Viren lebt, fixiert sich meistens an seinen Körper und die Entwicklung zu einer progressiven Bewusstseinsbildung, die mit einer Stärkung des Immunsystems verbunden ist, bleibt ungenützt. Es wäre deshalb von großem Vorteil, wenn es dem Menschen gelingen könnte, dass er nicht in der Krankheit den Feind sieht und sich deshalb nicht mit Angst gegen diese aufrichten muss, sondern die eigentliche Ursache und Bedrohung in den vielen Unterlassungen des Lebens erkennt. Freilich kann man bei einem Kind, das von allem Anfang an eine Behinderung erleidet, nicht von bewussten und getätigten Unterlassungen sprechen. Diese kindlichen Leiden und Behinderungen besitzen einen sogenannten karmischen Hintergrund und sie sollen in diesem Zusammenhang infolge ihrer tiefgreifenden Problematik nicht behandelt werden. Unterlassungen verschiedenster Art können für die kommenden Jahre Krankheiten fördern und den Menschen in seinen Möglichkeiten reduzieren.
In manchen älteren Weisheitsschulen, beispielsweise in Mysterienschulen, wusste man sehr klar, dass eine Krankheit nicht durch einen Zufall und nicht durch eine bakterielle Infektion allein entsteht und dass ein Unfall mit Verletzungen ebenfalls eine genau determinierende Bedeutung besitzt. Jede belastende, negative Erscheinung, die am Körper auftritt, besitzt ihre Ursache in den moralischen Verfehlungen der verschiedensten Menschen. Es ist aber nicht so, dass derjenige, der krank wird, immer die größten moralischen Verfehlungen hat. Häufig sind die Ursachen der Erkrankung in den Umständen der Gesellschaft und in misslichen Beziehungsepisoden zu suchen und nicht selten finden sich heute sogar von der machtvollen Technik künstlich erzeugte Krankheiten. Wer krank wird, trägt deshalb einen Teil von seinen eigenen Unzulänglichkeiten und des Weiteren nimmt er nahezu immer an den misslichen Wirkungen der Zeitumstände teil.
Die Betrachtung einer Krankheit erfordert sehr objektive Analysen. Ein erster Schritt wäre tatsächlich zur besseren Ordnung gewonnen, wenn der Patient und selbst auch die Personen, die mit diesem zu tun haben, sich in vollster Klarheit bewusst werden, dass nicht die Krankheit das eigentliche Problem darstellt, sondern die verschiedenen unentwickelten Verhältnisse und daraus resultierenden, psychischen Pathologien. Schließlich ist es auch der Mensch, der kanzerogene Stoffe produziert und der den Elektrosmog in einer Fülle generiert, die jeder einzelne Bürger mittragen muss.
Ein objektives Betrachten und Unterscheiden der Verhältnisse von Krankheit und Unterlassung kann dem Menschen einen ersten Weg zur Lebenskräftestärkung bahnen. Aus dieser tatsächlich vernünftigen und angstfreien Beobachtung können schließlich gesunde Aktivitäten für die Zukunft entstehen.