Suggestionen

Artikel von Heinz Grill zu einer Rede von Papst Franziskus:

Das Wort Suggestion entspringt etymologisch aus dem lateinischen „suggerere“ und bedeutet „unterlegen, hineinlegen oder etwas unter der Hand weitergeben“. Bis ins 17. Jahrhundert wurde der Suggestionsbegriff noch ganz wörtlich und figürlich gebraucht, während man heute unter der Suggestion eine gezielte und beabsichtigte Beeinflussung seines eigenen Zustandes im Sinne von einer Autosuggestion, oder eines anderen, die sogenannte Heterosuggestion, versteht.

Eine Geistige Schulung, die zur Integrität der Persönlichkeit und vollreifen eigenständigen Urteilsbildung führt, muss unweigerlich jegliche eigensuggestive Technik, wie auch jede Suggestionsformung, sei sie von außen empfangen oder gegenüber Dritten angewendet, ablehnen. Die Suggestion übermittelt sich vor allem über unbewusste Rezeptivität und selbst wenn sie im positivsten und überzeugendsten Wahrheitssinn gemeint ist, so spricht sie sich nicht zu einem klaren und vollwachen Bewusstsein aus, sondern beginnt unweigerlich den Willen und die Gefühle zu steuern. Eine Geistige Schulung richtet sich immer an einen erwachsenen Menschen, der seines Bewusstseins verfügbar ist, und will dieses Bewusstsein ohne jegliche manipulative Beeinflussung und ohne unfreiwillig getätigte Aktionen zu einer größtmöglichen Reife und Erweiterung führen. Suggestive Methoden gegenüber sich selbst und gegenüber Dritten, die sich an die unbewussten Gefühls- und Willensverhältnisse richten, blockieren die gesunde Reifeentwicklung der Persönlichkeit zu Freiheit und ganzer Verantwortung.

Was ist das Gegenbild der Suggestion?

Die Frage, ab welchem Moment, bei einer schriftlichen Darstellung, bei einer bildhaften Demonstration, bei einem Vortrag oder bei einem Gespräch eine Suggestion beginnt, ist wohl erst dann beantwortbar, wenn man das Gegenbild der Methode der Beeinflussung ausreichend kennenlernt und aufzeigt. Was ist das Gegenbild zur suggestiven Beeinflussung und zu manipulativen Methoden? Gibt es tatsächlich eine Darstellung, die vollkommen frei von suggestiven Wirkungen ist? Diese Frage versuchte bereits der Autor Prof. Dr. Hennig Richard (1875-1951) in seinem Buch „Wunder und Wissenschaft“ zu beantworten und kam in seinen Erörterungen zu der Erkenntnis, dass selbst alle Naturerscheinungen, die sogar auf apersonale Weise auf den Menschen wirken, einen großen suggestiven Einfluss ausüben. Im Kernpunkt seiner Aussagen findet sich ganz besonders die religiöse Beeinflussung der Kirche, die bekannterweise über die Zeitgeschichte bis zum heutigen Tag eine erstaunliche Breite an Suggestivwirkung auf die Menschheit freisetzen konnte.

Das Gegenbild zur Suggestion, die mehr auf die unbewussten Gefühls- und Willensanlagen wirkt, bildet der konkrete, das heißt der anschauliche Gedanke, der in logischen Zusammenhängen gehalten wird. Wenn sich der Schreiber eines Artikels eine wirkliche Mühe gibt, einen Gedanken in eine tatsächliche anschauliche und wahrnehmbare Form zu führen, diesen im weiteren Verlauf in Zusammenhänge und reale Vergleiche bringt, dabei die Logik nicht zu eng und kleinlich sondern umfassend ansetzt, so wirkt in der Darstellung schließlich dieser Gedanke auf das wache und vorstellungsfähige Bewusstsein und der Leser kann sich selbstständig freigelassen ein Urteil über die beschriebene Wirklichkeit bilden. Das Willens- und Gefühlsleben des Lesers wird durch die konkrete, zusammenhängende und logische Darstellung nicht unbewusst beeinflusst, sondern durch das Bewusstsein erst in der Folge der gedanklich konkreten Wirklichkeit angesprochen und erbaut. Die allgemein üblichen Willensbeinflussungen weichen durch die logisch gehaltenen Darstellungen einem gesunden und freien Willensaufbau. Das italienische Wort für Willensbeeinflussung lautet „intromissione“ und enthält das so unangenehm anmutende Missionieren, das ist jene Erscheinung, die in Religionen manchmal mit guten und manchmal mit berechnendem Willen, aber immer mit unangenehmen Vorzeichen eingesetzt wird. In jedem Falle wäre es gerade für alle religiöse, esoterische oder philosophische Betrachtung wichtig, dass der Ausgang einer jeden darstellenden Beschreibung von einem konkreten und logischen Gedanken ausgeht und nicht von schnellfertig assoziativ gebrauchten Begriffen, die das Unbewusste des Menschen beeinflussen und einen hohen Grad an suggestiver Wirkung transportieren.

Das Beispiel einer Rede des Papstes Francesco kann einige wertvolle Hinweise über die Unterschiede von konkreten Gedanken zu suggestiven Wirkungen von Begriffen aufzeigen. Dieser Text zeigt, wie tatsächlich die Suggestion zu ihrer Wirkung gelangt, indem etwas unter der Hand oder ein nicht unmittelbar ausgesprochenes Wort aber doch ein starkes emotionales Zugehörigkeitsgefühl „unterlegt“ wird. Die Unterlegung ist im klassischen Sinn Ausdruck für suggestive Wirkung und nicht für die konkrete bewusstseinsbildende Gedankenaktivität.

Ansprache von Papst Franziskus am 27. April 20141)Mit der Bezeichnung „Papst Franziskus“ liegt bereits die erste Täuschung vor, da der Papst ursprünglich eine jesuitische und nicht eine franziskanische Ausbildung absolviert hat. Bekanntermaßen trägt die jesuitische Ausbildung Züge in sich, die sehr wenig mit Frömmigkeit und Dienst an der Menschheit zu tun haben, sondern sich darauf konzentrieren, dass die Gehorsamspflicht gegenüber einer Autorität wie der Kirche, sichergestellt wird. Jesuiten werden in der Argumentation geschult, damit sie gegen Andersgläubige argumentieren können.

In der Kirche gibt es nicht das “Fai da te” („Mach es selbst“). Es gibt keine Außenseiter, keine Freiheitskämpfer (battitori liberi). Wie oft hat Papst Benedikt die Kirche als ein „noi ecclesiale“ (kirchliches Wir) beschrieben. Manchmal hört man jemanden sagen: Ich glaube an Gott, an Jesus, aber die Kirche interessiert mich nicht. Wie oft haben wir das gehört? Das geht nicht. Manch einer glaubt eine direkte unmittelbare persönliche Beziehung zu Jesus Christus außerhalb der Kommunion und der Meditation der Kirche haben zu können. Das sind gefährliche Versuchungen. Das sind schädliche Versuchungen. Es sind, wie der große Paolo VI sagte, absurde Spaltungen. Es ist wahr, dass gemeinsames Vorangehen anspruchsvoll ist. Und manchmal kann es anstrengend werden. Es kann geschehen, dass mancher Bruder oder manche Schwester uns Probleme macht oder uns einen Skandal beschert. Aber der Herr hat seine Rettungsbotschaft den menschlichen Menschen, uns allen anvertraut. Er hat seine Zeugen und ist in unseren Brüdern und Schwestern mit ihrer Gabe und ihren Grenzen, die uns entgegen kommen und sie erkennend macht. Und das bedeutet zur Kirche zu gehören. Schaut mich gut an: Christ sein bedeutet Zugehörigkeit zur Kirche. Der Vorname ist: „Christ“ und der Nachname ist: „Zugehörigkeit zur Kirche“.2)Diese Rede finden Sie im Original auch auf YouTube.

Diesem Text liegt nicht nur eine enge rationale Grundlage zugrunde, sondern vielmehr ein hochgradiges suggestives Potential und eine über die Zeitgeschichte hinweg manifestierte Lüge. Obwohl dem Ablauf der Worte nicht auf sofortige Weise erkennbar eine fehlende Logik beigemessen werden kann, so nimmt der Begriff „Kirche“3)Der Begriff Kirche könnte sich auf die römisch-katholische, des weiteren auf die evangelische und orthodoxe, schließlich auf die anglikanische Kirche, auf die Freikirchen und sogar auf die Christengemeinschaft der Anthroposophen beziehen. Wer bestimmt heute, wer Kirche ist? Muss sich der Leser nicht die Frage nach einer weiter gefassten Logik stellen, danach ob man von einem alleinigen Anspruch einer Kirche sprechen kann und dabei jede christlich orientierte Kirche ausklammert oder diese zumindest durch Unerwähntheit nivelliert? Eine Logik kann sich in dieser engen Definition und Festlegung von Kirche nicht begründen., eng und materialistisch gehalten, eine Rangordnung ein, die nicht mehr, wie es notwendiger wäre, eine sogenannte exoterisch4)Der Begriff „exoterisch“ zeigt das Gegenteil von „esoterisch“. Geht man von den Aussagen des Evangeliums aus, so sprechen diese tiefe geistige, das heißt esoterische Wahrheiten aus, wie beispielsweise der Prolog von Johannes oder die Schilderungen des sogenannten Auferstandenen vor den Jüngern. In einer Geistigen Schulung wird vorausgesetzt, dass derjenige, der esoterische Wahrheiten lehrt oder ausspricht, in vollstem Umfang eigene Erkenntnis und eigenständiges erfahrendes Wissen über diese besitzt. Durch diese individuelle erfahrene Grundlage, kann er schließlich die esoterische Wahrheit verständlich und volksnah, das heißt sozialfähig, unterrichten oder mitteilen. Das esoterische Wissen wird exoterisch. Ein Priester müsste deshalb eigenständig die Worte des Evangeliums durchdrungen haben und sich nicht nur auf traditionellen Überlieferungen stützen, um es exoterisch und sozialfähig zu vermitteln. Die Tradition des Priestertums beruht jedoch auf sukzessiver Nachfolge ohne eigenständige Erkenntnisentwicklung und aus diesen Gründen werden die Lehrformeln der Kirche zunehmend dogmatischer und materialistischer. irdische Einrichtung darstellt, sondern sich tatsächlich mit „geistlich“ und mit Christus gleichsetzt. Eine theologische Begründung für diese Gleichsetzung durch das Weihesakrament, das von Petrus bis zum heutigen Tag über die Päpste und Bischöfe fließt, herzuleiten und dadurch den Christus in Besitz zu halten, ist wohl ein Anspruch, der bei Prüfung der logischen Grundsätze nicht haltbar ist. Derjenige, der nun die Kirche meidet und einen christlich geistigen Weg für sich ersucht, unterliegt, wie der Text suggeriert, einer gefährlichen Versuchung. Worin aber besteht diese Versuchung? Es werden lediglich Päpste zitiert, aber die Versuchung als Aspekt einer religiösen Suche nicht näher charakterisiert. Das Wort suggeriert deshalb eine untergründige Angst und weist ohne jede nähere Erläuterung auf den so gefürchteten Irrtum hin. Jeder, der sich unabhängig von der Kirche auf einen religiös christlichen Weg begibt, erscheint – und das muss man durchaus in diesen Worten feststellen – als Außenkämpfer, Häretiker, der wohl nicht die Klassifikation des Christ-Seins für sich in Anspruch nehmen darf. Aber wer ein christliches Dasein für sich nicht benennen darf, ist in der Moralität und im Ansehen des allgemeinen Gesellschaftslebens ein minderer Bürger.5)Infolgedessen, dass ich eine Gegenposition darlege, werde ich in bayerischen Diözesen von der Kirchenleitung als unchristlich bezeichnet. Die Suggestion in diesem Text erhebt den kirchlichen Christen zu einer eigenartigen Christposition und introjiziert bereits in den Willen des einzelnen kirchlichen Gläubigen das Gefühl, dass derjenige, der sich außerhalb der Kirche bewegt, eine schlechtere Stellung einnimmt und eben logischerweise die „Rettungsbotschaft Christi“ nie erfahren kann.

Die Lüge, die jedenfalls in diesem Text liegt, ist diejenige, dass jegliche Erkenntnis zur Person Christi – eine Tatsache, die noch im Evangelium durch die Schlüsselübergabe (siehe Matthäus 16/17) charakterisiert wurde – aus der Ekklesiologie ausgeschlossen wurde und infolge der materialistisch werdenden Lehrformeln der Glaube suggeriert wird, dass die Zugehörigkeit und das Credo zur Kirche Christ-Sein bedeutet. Das Bekenntnis zur Kirche in dieser Schilderung von Francesco ist aber nicht mehr Wissen, Wahrnehmung, forschende Wahrheitssuche, tiefgründige vergleichende Auseinandersetzung, erfahrende geistige Wirklichkeit, sondern lediglich eine sehr bequeme Annahme, man sei eben Christ durch Zugehörigkeit und emotionale Übereinstimmung. Die Lüge besteht darin, dass die höchsten Vertreter der Kirche die Zugehörigkeit, den blinden Gehorsam, die emotionale Zustimmung und die so fraglich gewordenen Sakramante höher werten als die Moralität des Individuums und infolgedessen die freiheitsbezogene Auseinandersetzung mit christlichem Gedankengut und die daraus gewonnenen erfahrbaren Erkenntnisse verneinen.6)Siehe hierzu auch die Ausführungen in der Broschüre „Die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in Sakrament und Wort“.

Logik in der Gedankenbildung überwindet zunehmend die Suggestion

Der Versuch, diesen Text in eine zusammenhängende und von Anfang an gewählte Logik zu bringen und mit anderen Worten aufzugliedern, kann eventuell eine Vergleichbarkeit von den großen Gegensätzen von konkreter Gedankenbildung zu Suggestion aufzeigen:7)Die Gefahr vom theistischen zum atheistischen einen extremen Gegenpol zu schlagen, besteht grundsätzlich in der Kritik an der Kirche. Mit den Ausführungen über den Kirchenbegriff, der keinen Wahrheitsanspruch an sich selbst dulden dürfte, könnte sich eine Institution frei in das gesellschaftliche Leben einfügen und würde weitaus flexibler und kompetenter für religiöse Fragen eintreten können. Als Institution mit geistlichem und sakralem Anspruch kann sich keine logische Stellung der Kirche im Sinne einer Gesamtentwicklung der Welt definieren. Nicht die Kirche als gemeinschaftliche Institution ist deshalb das Hauptproblem, sondern der Wahrheitsanspruch, der aus der Ekklesiologie selbst hervorgeht, bewirkt die vielen Spaltungen, den Unfrieden und nicht zuletzt sogar eine vollkommen Unverhältnismäßigkeit in allen Weltanschauungsfragen.

Es besteht ein großer Konflikt mit dem Begriff Kirche. Kann Christ-Sein mit Kirche verglichen werden? Ist die Erlösungsbotschaft zwangsläufig von der Zugehörigkeit und dem Empfang der Sakramente der Kirche abhängig? Welche Rolle nimmt die Kirche heute, 2000 Jahre nach dem leiblichen Leben Christi und den Ereignissen in Jerusalem ein?

Wenn man sich unabhängig von der Kirche dem Evangelium und den Inhalten der Bergpredigt, der Paulusbriefe und den Aussagen von Johannes in der Apokalypse annähern möchte, so kann man dies logischerweise und in einer freien Gesellschaft selbstständig und ohne Mitgliedschaft zur Kirche tun. Indem jedoch die Behauptung erstellt wird – und sie ist lediglich eine unlogische und nicht nachvollziehbare Behauptung mit hochgradigem beieinflussendem Charakter –, dass es eine gefährliche Versuchung sei, wenn man sich im Alleingang diesen Schriften annähert und um die Wahrheitserkennntis zu diesen zu kämpfen beginnt  („battitori liberi“) geschieht bereits eine subtile Intromission. Nach einem freien Menschenbild und logischerweise sogar nach dem Grundgesetz zur Würde und Selbstbestimmung des verantwortlichen Menschen dürfen sogar die Evangelien und die christliche Glaubensfrage nicht institutionell im Alleinanspruch interpretiert werden und es darf der Mensch nicht nach Zugehörigkeitskriterien im Sinne des Christlichen bewertet werden. Der Bürger muss sich gegen diese, die Selbstbestimmung absprechende Christlichkeit wehren, sei er nun persönlich betroffen oder seien es Dritte, die unter diesen Stigmatisierungen leiden. Derjenige, der Selbstbestimmung und religiöse Verantwortung sucht und nicht nur wie in einem Fanclub einem Idol entgegenjubelt, muss sich sogar mit der Frage und den Wahrheitsdogmen, die suggestiv breiteste Ausmaße einnehmen, auseinandersetzen und ein bloßer Kirchenaustritt genügt für den „battitore libero“ noch nicht, um den doch auf das Gewissen wirkenden Beeinflussungen frei als urteilsfähiger Mensch gegenüberzutreten. Schließlich stellt sich die Frage, ob die Glaubenssuggestionen, besonders diejenigen von großen, tonangebenden und offiziell gültigen Einrichtungen, für die materialistische Gesinnungsart der heutigen Zeit und für Spaltungen, bis hin zu Krieg in der Welt, nicht doch maßgeblich verantwortlich oder zumindest mitverantwortlich sind. Suggestionen gehen jedenfalls jeder religiösen, politischen und internationalen Konflikt- und Gewaltsituation voraus.

Das Christ-Sein darf keinem Menschen abgesprochen werden, denn eine Einrichtung, die über Christ-Sein und nicht Christ-Sein richtet, führt auf großflächiger Ebene Konflikte und Spaltungen unter Menschen herbei, die, wie die Geschichte zeigt, bis zu großen Kriegen ihr Ausmaß tätigen.

Wenn man bei der Kirche ist, könnte diese Zugehörigkeit als eine sozial engagierte Gemeinschaft verstanden sein oder dies zumindest im besten Maße erstrebenswert werden. Die Kirche will jedoch die Erlösungsbotschaft, wie die Geschichte und wie auch Papst Francesco in der Nachfolge zu Bendedikt, aufzeigt, mit ehernen Ketten an den sogenannten Gläubigen schmieden. Der einzelne Mensch bedarf heute dringendst eines freien Weges in der Religion und zu dem christlichen Ideal, denn, wenn ihm dieses ungezwungene und von Dogmen freie Ringen abgesprochen wird, muss er gesunderweise mit Antipathie gegen alles Christliche reagieren oder sich blindlings Wortformeln, die er gar nicht verstehen kann, hingeben und sich selbst aufgeben. Selbstaufgabe, unter suggestiven Formeln, lässt sich nicht mit religiöser Urteilsbildung und mit einem Werden zu einer reifen Moralität vereinbaren.

Der Begriff „menschliche Personen“, den man aufgrund der Ekklesiologie eben mit dem Hintergrund benennt, dass der Mensch sündhaft in sich ist und dass die Lehre der Kirche schließlich der Ansicht ist, dass Christus den Menschen von diesen Sünden erlöst, trägt ein hohes suggestives Potential in sich. Man sollte einmal genauer analysieren, vergleichen und untersuchen, wie gerade in diesen und ähnlichen Aussagen eine „große Gefahr“ für eine subjektive Gewissensbeeinflussung liegt und deshalb müssen für eine wirkliche theologische Betrachtung, selbst wenn sie volksnah gesprochen wird, die Begriffe Sünde und Erlösung viel genauer als bisher erörtert werden. Es ist für eine wirkliche moralische wachsende Gewissensbildung grotesk, dem Menschen die Sünde in die leibliche Geburt hineinzuinterpretieren, denn wenn man dies tut, beispielsweise indirekt angesprochen mit den „menschlichen Personen“, so raubt sich der Einzelne sein Potential einer freien Urteilsbildung und neigt sich leicht zu dem Glauben, er sei von der Gnade und Erlösung, die die kirchlichen Sakramente geben, abhängig. Wenn dies so wäre, wäre die kirchliche „Wahrheit“ und Dogmatik logisch, und jede Philosophie, wie beispielsweise diejenige von Hegel, aber eigentlich jegliche große Philosophie, die das freie Menschsein erstrebt, unlogisch. Im Kontext, der Gläubige sei „Christ“ mit seinem Vornamen und mit dem Nachnamen „Kirche“, liegt nicht nur eine unlogische Darlegung, sondern eine hochgradige Lüge und Suggestion. Für die Zukunft sollten nicht nur die Kirchenoberhäupter, sondern in gemeinsamer Abstimmung alle Menschen, den Kirchenbegriff und den Christusbegriff vollkommen für alle Menschen aus dem autoritativen und suggestivem Bestimmtsein befreien, und es soll keinesfalls mit Argumenten, die man nur in passiven Credos wiederholt, Gewissensbeeinflussung getätigt werden.

Die Kirche muss für die Zukunft eine autoritativ freie Gemeinschaft werden, die sich ihrer Grenzen bewusst wird und die den Christus nicht für sich beanspruchen darf. Beansprucht aber die Kirche, wie das Papst Benedikt eben erwähnt, dass ein Christ Sein außerhalb der Kirche nicht existiert, so muss diese, nicht logisch nachvollziehbare und fundamentalistische Postulation, sofort korrigiert werden. Der Papst Francesco, der von seiner Ausbildung Jesuit ist, der sich, nach allem Anschein den Armen hingibt und sich doch freizügig zeigt, müsste, wenn er authentisch werden soll, seinen Vorgänger erheblich korrigieren, anstatt ihn zu bejahen und die suggestiven Worte erneut zu manifestieren.

Eine Kirche kann lediglich Möglichkeiten für die zukünftigen Glaubensfragen aufzeigen, sie kann sich jedoch niemals durch die sukzessive Tradition der Sakramente in einen Strom der Wahrheit wie selbstverständlich und allgemeingültig in die Welt hineinkrönen. Kirche – und das erfordert die Gliederung der begrifflichen Definitionen – kann nur eine Gemeinschaft von Interessen sein, wie beispielsweise ein Alpenverein, der Hütten und Wege am Berge pflegt, aber er kann die Berge nicht für sich in seinen Besitzanspruch nehmen. Ebenso kann die Kirche das Evangelium und das Christ-Sein nicht für sich und im alleinigen autoritativen Anspruch besitzen und sie mit der Exegese einseitig und für materialistische Zwecke tauglich auslegen.

Durch das falsche Autoritätsverständnis, die mangelnde Gliederung der begrifflichen Definitionen und durch viele Widersprüche, die in der Zeitgeschichte und Kirchenlehre entstanden sind, entwickeln sich weitere Suggestionen. Eine dieser Suggestionen, die nicht im Text von Francesco enthalten ist, ist beispielsweise die Exitenz eines sogenanntes Sektenreferats, das ist ein Referat, das andere Glaubensbewegungen denunziert, aus der Gesellschaft ausgrenzt und häufig sogar zu kriminalisieren versucht. Ebenso wie der Begriff Hexe im Mittelalter durch die Kirche geprägt wurde und ein maßgebliches Suggestionspotential besitzt, wird heute der Begriff „Sekte“ in das Volk gebracht und steuert über die geäußerte Kirchenpolitik die allgemeinen Meinungen. So liest man beispielsweise im Sektenreferat München-Freising, dass es nicht die Kirche sei, die den Begriff Sekte geprägt habe und diesen gegenüber Dritten einsetzt, sondern dass die volkstümliche Meinung besteht, dass sogenannte Sekten etwas gefährliches seien und man gegen diese vorgehen müsse.8)Das Sektenreferat der Diözese München-Freising schreibt auf seiner Homepage: „Umgangssprachlich verstehen die meisten Bürgerinnen und Bürger unter ‚Sekte‘ eine Gruppe, die ‚gefährlich‘ ist (was immer das dann auch bedeuten mag), die Menschen mittels ‚Gehirnwäsche‘ in ihren Bann zieht, ohne, dass ‚das ahnungslose Opfer‘ etwas davon merkt.
Daher sind sich alle darin einig, ‚gegen Sekten‘ zu sein. Nicht selten findet man auch in Selbstdarstellungen einzelner Gruppen den Hinweis, sie seien ‚keine Sekte‘. “ Das Sektenrferat schreibt damit dem Bürger Vorstellungen über Sekten zu, die es selbst Jahrzehnte lang geprägt hat.
Diese Suggestionspolitik ist durch die Kirche und ihren eigenen autoritativen Lehranspruch entstanden. Der Begriff Sekte ist heute, ähnlich wie früher Hexe, einer der besten Suggestionsbegriffe.
9)Siehe hierzu den satirischen Beitrag von Extra3 „Die Zeugen Seehovas“ auf Youtube

Christ-Sein muss deshalb weitaus mehr bedeuten als Mitgliedschaft in einer Kirche. Wenn der nach Erkenntnis und Logik suchende Mensch von Kirche spricht, muss er wohl einen hohen und höchsten Bedarf an Begriffsklärungen leisten und Vorstellungen, Glaubensinhalte, Exegesen und institutionelle Fragen bearbeiten. „Noi ecclesiale“ – „das kirchliche Wir“ würde bedeuten, dass der heutige Bürger nicht einfach Postulaten folgt, sondern selbst ein ganzes Mitspracherecht in der möglichen Auslegung der theologischen Lehren besitzen muss und eigenständig zu Urteilen kommen sollte. Zustimmung zu einer Kirche dürfte heute eine Gewissensfrage sein, die paradoxerweise genau umgekehrt beantwortet werden muss. Kann man einer Kirche zustimmen, die suggestiv Formeln gebraucht, um Menschen im Gewissen an sich zu binden?

Würden die hohen und höchsten Vertreter der Kirche den Mut finden, auf alle Lügen und Suggestionen zu verzichten und würden sie die Glaubensfrage einmal mit rationaler Logik, empfindsamem Gewissen und mit einem wirklichen Wahrheitsgefühl antreten, so würden sie wieder viele Menschen besser erreichen und zum Frieden in der Welt beitragen. Indem die offizielle Kirche aber den Anspruch des Christ-Seins erneut fundamentalisiert, trägt sie zu wachsenden Emotionen und konfliktreichen Entzweiungen bei.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Mit der Bezeichnung „Papst Franziskus“ liegt bereits die erste Täuschung vor, da der Papst ursprünglich eine jesuitische und nicht eine franziskanische Ausbildung absolviert hat. Bekanntermaßen trägt die jesuitische Ausbildung Züge in sich, die sehr wenig mit Frömmigkeit und Dienst an der Menschheit zu tun haben, sondern sich darauf konzentrieren, dass die Gehorsamspflicht gegenüber einer Autorität wie der Kirche, sichergestellt wird. Jesuiten werden in der Argumentation geschult, damit sie gegen Andersgläubige argumentieren können.
2 Diese Rede finden Sie im Original auch auf YouTube.
3 Der Begriff Kirche könnte sich auf die römisch-katholische, des weiteren auf die evangelische und orthodoxe, schließlich auf die anglikanische Kirche, auf die Freikirchen und sogar auf die Christengemeinschaft der Anthroposophen beziehen. Wer bestimmt heute, wer Kirche ist? Muss sich der Leser nicht die Frage nach einer weiter gefassten Logik stellen, danach ob man von einem alleinigen Anspruch einer Kirche sprechen kann und dabei jede christlich orientierte Kirche ausklammert oder diese zumindest durch Unerwähntheit nivelliert? Eine Logik kann sich in dieser engen Definition und Festlegung von Kirche nicht begründen.
4 Der Begriff „exoterisch“ zeigt das Gegenteil von „esoterisch“. Geht man von den Aussagen des Evangeliums aus, so sprechen diese tiefe geistige, das heißt esoterische Wahrheiten aus, wie beispielsweise der Prolog von Johannes oder die Schilderungen des sogenannten Auferstandenen vor den Jüngern. In einer Geistigen Schulung wird vorausgesetzt, dass derjenige, der esoterische Wahrheiten lehrt oder ausspricht, in vollstem Umfang eigene Erkenntnis und eigenständiges erfahrendes Wissen über diese besitzt. Durch diese individuelle erfahrene Grundlage, kann er schließlich die esoterische Wahrheit verständlich und volksnah, das heißt sozialfähig, unterrichten oder mitteilen. Das esoterische Wissen wird exoterisch. Ein Priester müsste deshalb eigenständig die Worte des Evangeliums durchdrungen haben und sich nicht nur auf traditionellen Überlieferungen stützen, um es exoterisch und sozialfähig zu vermitteln. Die Tradition des Priestertums beruht jedoch auf sukzessiver Nachfolge ohne eigenständige Erkenntnisentwicklung und aus diesen Gründen werden die Lehrformeln der Kirche zunehmend dogmatischer und materialistischer.
5 Infolgedessen, dass ich eine Gegenposition darlege, werde ich in bayerischen Diözesen von der Kirchenleitung als unchristlich bezeichnet.
6 Siehe hierzu auch die Ausführungen in der Broschüre „Die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in Sakrament und Wort“.
7 Die Gefahr vom theistischen zum atheistischen einen extremen Gegenpol zu schlagen, besteht grundsätzlich in der Kritik an der Kirche. Mit den Ausführungen über den Kirchenbegriff, der keinen Wahrheitsanspruch an sich selbst dulden dürfte, könnte sich eine Institution frei in das gesellschaftliche Leben einfügen und würde weitaus flexibler und kompetenter für religiöse Fragen eintreten können. Als Institution mit geistlichem und sakralem Anspruch kann sich keine logische Stellung der Kirche im Sinne einer Gesamtentwicklung der Welt definieren. Nicht die Kirche als gemeinschaftliche Institution ist deshalb das Hauptproblem, sondern der Wahrheitsanspruch, der aus der Ekklesiologie selbst hervorgeht, bewirkt die vielen Spaltungen, den Unfrieden und nicht zuletzt sogar eine vollkommen Unverhältnismäßigkeit in allen Weltanschauungsfragen.
8 Das Sektenreferat der Diözese München-Freising schreibt auf seiner Homepage: „Umgangssprachlich verstehen die meisten Bürgerinnen und Bürger unter ‚Sekte‘ eine Gruppe, die ‚gefährlich‘ ist (was immer das dann auch bedeuten mag), die Menschen mittels ‚Gehirnwäsche‘ in ihren Bann zieht, ohne, dass ‚das ahnungslose Opfer‘ etwas davon merkt.
Daher sind sich alle darin einig, ‚gegen Sekten‘ zu sein. Nicht selten findet man auch in Selbstdarstellungen einzelner Gruppen den Hinweis, sie seien ‚keine Sekte‘. “ Das Sektenrferat schreibt damit dem Bürger Vorstellungen über Sekten zu, die es selbst Jahrzehnte lang geprägt hat.
9 Siehe hierzu den satirischen Beitrag von Extra3 „Die Zeugen Seehovas“ auf Youtube

4 Replies to “Suggestionen”

  1. Sensibilisiert durch den vorliegenden Artikel von Heinz Grill, habe ich mich in den darauf folgenden Monaten mit der Frage beschäftigt:
    Wie unterscheiden sich das: „In der Kirche sein“ und das „Christ-Sein“ – also die zwei Bereiche, die Papst Franzikus in seiner Rede vom 27. April 2014 als zusammengehörig bezeichnete, denn außerhalb der Kirche kann man nach seiner Auffassung kein Christ sein.

    Mit folgender Gegenüberstellung („Christ-Sein“ und „In der Kirche sein“) werden die grundsätzlichen Unterschiede und Qualitäten sehr deutlich und es zeigt auf, dass die Aussage von Franziskus völlig verkehrt ist und – wie auch die Geschichte zeigt – von der Kath. Kirche als Mittel zum Machterhalt eingesetzt wird.

    Ich werde mit einer historischen Rückschau zur Person Jesus Christus beginnen; dann auch die geisteswissenschaftlichen Forschungsergebnisse von Rudolf Steiner über den Jesus-Christus miteinbeziehen und danach auf die Gründung der Katholischen Kirche und die damit verbundenen Auswirkungen bis in unsere Zeit schauen.

    Der Christus – historische Fakten
    Das Leben des Jesus Christus ist wissenschaftlich nicht belegt und die Historiker tun sich schwer mit konkreten Aussagen. Der Überlieferung nach hat Jesus Christus in Palästina gelebt und gewirkt, aber er selbst hat keine schriftlichen Dokumente hinterlassen. Die Apostelbriefe und das neue Testament berichten von diesem Ereignis. Da aber diese schriftlichen Zeugnisse von den Evangelisten aus einer geistigen Schau zu dem Christuswirken einige Zeit später geschrieben wurden und diese bis in unsere Zeit – gerade durch die Katholische Kirche – auch vielfach geändert wurden, sind diese Zeugnisse für viele Menschen keine historisch vertrauenswürdigen Überlieferungen. Die Bildersprache wie z.B. im neuen Testament ist für uns ungewöhnlich und die Begriffe können wir oftmals in ihrer damaligen Bedeutung nicht mehr erfassen. So ist tatsächlich das Leben und Wirken des Jesus Christus und damit der Beginn des Christentums für uns schwer nachvollziehbar. Dieser Umstand wirft viele Fragen auf, verunsichert viele Menschen und eröffnet auch vielfache Möglichkeiten zu Fälschungen, die sicherlich im Laufe der 2000 Jahre entstanden sind.

    Die geisteswissenschaftlichen Forschungen von Rudolf Steiner über das Wirken des Jesus Christus
    Mit den Möglichkeiten der geisteswissenschaftlichen Forschung hat Rudolf Steiner (er hat die Anthroposophie gegründet) dieses Ereignis in vielen Vorträgen beleuchtet. Nach seinen Aussagen ist durch das Leben und Wirken des Jesus Christus erstmals die Ich- und Schöpferkraft im Menschen zur Wirksamkeit gekommen. Es war ein initiatorisches Ereignis für die gesamte Menschheit. Seit dem Kreuzes-Tod auf Golgatha und dem mit diesem Ereignis verbundenen Mysterium, dass sich der Christus mit der Erde verbunden hat, kann die Ich- und Schöpferkraft in allen Menschen wirksam werden. Der Christus hat für alle Menschen das Ich und damit die Möglichkeit der schöpferischen Aktivität und Freiheit gebracht.

    Der Christus wurde schon vor seiner Ankunft auf der Erde von eingeweihten Personen wahrgenommen. Sie nahmen ihn als von der Sonne kommend wahr und sprachen von dem Geist der Sonne. Die Sonne spendet Licht und Wärme und belebt damit die ganze Erde. Der Sonnengeist – der Christus – kam auf die Erde und damit eine Kraft „die durch ihr Ewiges der Ausgleich alles Natürlichen ist.“ (R.Steiner GA107,S250f)
    PLATON
    Die geistige Dimension der Sonne und die damit verbundene Erneuerungskraft liegt in der Welt der Ideen (nach Platon). Platon benennt diese Wirklichkeit als „das Reich der Ideen“. Die Ideen sind ewig, unteilbar und unveränderlich. Sie lassen sich mit dem Verstand erfassen. Durch die Führungskraft im Ich kann der Mensch einen Gedanken aufgreifen, denkend weiterbewegen und diesen Gedanken zu zusammenhängenden logischen Inhalten ausgestalten. Diese Fähigkeit, einen Gedanken zu lenken, in der Vorstellungstätigkeit zu bewussten Bildern und inhaltlichen Zusammenhängen aufzubauen, gibt dem Menschen die Möglichkeit, die geistige Ebene der Ideen und die damit verbundenen neuen Lebenskräfte in sein Leben und seinen Werken zu integrieren. So erlebt sich der Mensch zwischen beiden Dimensionen – der geistigen und der irdischen – schöpferisch und kreativ vermittelnd tätig. In diesem Sinne ist jeder Mensch spirituell tätig, indem er eine Idee denken kann und diese Idee auch bis in die Manifestation führen kann.
    Weiterhin ist es für jeden Menschen möglich, zu weisheitsvollen Erkenntnissen zu kommen und auch bewusste Erfahrungen zu den tiefen Geheimnissen des Lebens zu machen. Jeder Mensch hat im Innersten das Bedürfnis nach Erkenntnis und Weiterentwicklung. Lernt man die Gedanken von Geisteswissenschaftlern, Philosophen und gelehrten Menschen selbstständig zu denken und eigenständig zu bewegen, so wird mit der Zeit der Auseinandersetzung diese – am Anfang noch fremde – Gedankenwelt näher kommen. Eigene Einsichten, bewusste Empfindungen und sogar eine substantielle Erkraftung in dieser Sache werden sich für den Studierenden zeigen. So ist das eigene Forschen und die Bemühung, sich ein Bewusstsein zu den Geheimnissen der Schöpfung und den übergeordneten Lebensprinzipien anzueignen, ein schöpferischer Vorgang, der aus dem Gedanken und seiner inneliegenden Erneuerungskraft selbst kommt.

    Das Christ-Sein ist ein Neugeburtsprozess und ein Weiterentwicklungsprozess im Menschen zu den Gedanken und Inhalten, die er erforscht und auch in seinem Leben verwirklichen will.

    Wie zeigt sich dem gegenüber das „In der Kirche sein“?
    Auch hier ist es sehr interessant, auf den Beginn der Kirchengründung zu schauen.
    Die katholische Kirche wurde von Kaiser Theodosius im Jahre 380 n. Chr. gegründet und bekam auch den Namen katholisch von ihm. Vorher – so berichtet Rolf Bergmeier in seinem Buch: „Machtkampf. Die Gründung der Staatskirche“ – gab es ca. 80 Jesusbewegungen, die alle miteinander im Streit lagen. Jeder beschimpfte den anderen als Häretiker und das ging über hunderte von Jahren so zu. Man nimmt an, dass aus praktischen Gründen Kaiser Theodosius mit diesen Unruhen Schluss machen wollte und deswegen die trinitarische Jesusbewegung zur Staatskirche erhob. Mit dem Erlass „Cunctos populos“ von Kaiser Theodosius begann die politische Macht der katholischen Kirche:
    „…..Nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, sollen, so gebieten wir, katholische Christen heißen dürfen; die anderen, die wir für wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande ketzerischer Lehre zu tragen. Auch dürfen ihre Versammlungsstätten nicht als Kirchen bezeichnet werden. (Cunctos Populos.Codex Theodosianus Kapitel 16.1.2)

    Damit begann die Vernichtung der Vielfalt und Toleranz, die vorher das noch von der Antike geprägte griechisch-römische Reich über Jahrhunderte auszeichnete. Die nachfolgenden Kaiser stärkten und erweiterten die Macht der katholischen Kirche. Mit vielen Gesetzen, die bis in die intimsten Lebensbereiche der Menschen eingriff, (Zwangstaufen, Verfolgungen und grausamen Strafen) entwickelte sich die katholische Kirche zu einer Ideologie, die ihren grausamen Höhepunkt im Mittelalter mit Hexenverfolgungen und Inquisition hatte. Dem Menschen wurde die Würde genommen und er wurde mit Geburt zum Sünder erklärt. Es begann eine aussichtslose Zeit voller Angst, Qualen und Vertröstung auf das Jenseits. Wenige konnten selbstständig lesen und schreiben (in der Antike konnten das sogar vielfach die Sklaven), alle sollten sich unterordnen und an die Heilige Katholische Kirche glauben. Selbst die Kaiser wurden der Katholischen Kirche untergeordnet und so bekam diese die alleinige Macht. Wirtschaftlich wurde das zunehmend zu einer Katastrophe, denn der Klerus (er bestand nur aus der adeligen Schicht) musste keine Steuern zahlen und hatten in allen Lebensbereichen Privilegien. Das Volk wurde mit Angst und ideologischen Ideen, die von den Kanzeln in der Kirche verkündet wurden, irregeleitet, ausgebeutet und missbraucht.

    Ein weiteres Buch von Rolf Bergmeier „Schatten über Europa“, zeigt historisch genau auf, wie die Kirche seit dem Jahre 380 mit Hilfe der jeweiligen Herrscher vorging. Die bereits vorhandene hohe Kultur der Antike wurde vernichtet und es wird deutlich sichtbar, was von Anfang an der Katholischen Kirche am wichtigsten war: „In der Kirche sein“ und „an die Heilige Kirche zu glauben“.

    Es gab und gibt natürlich Menschen, die trotzdem in eigenständiger Suche nach Wahrheit (auch innerhalb der Kirche und oftmals im Verborgenen) das schöpferische Christentum ausformten und in ihren Werken neue Impulse in die Kultur einbrachten. Viele dieser mutigen Christen – die Lebensgeschichten sind ja allgemein bekannt – wurden von der Kirche verfolgt, ermordet und deren Schriften vernichtet.
    Die Kirche hat – und das ist bis heute so geblieben – kein Interesse daran, dass der Mensch selbstständig wird und sich weiterentwickelt. Eine Ideologie ist nur daran interessiert sich selbst zu stärken und die Macht aufrechtzuerhalten. (Seit Marx und Engels bezieht sich der Ideologiebegriff auf „Ideen und Weltbilder, die sich nicht an Evidenz und guten Argumenten orientieren, sondern die darauf abzielen, Machtverhältnisse zu stabilisieren oder zu ändern“.)

    Man kann argumentieren und sagen: Das ist ja alles Geschichte … . Das war eben früher so … . Das haben alle Mächtigen gemacht u.s.w. .

    Schaut man auf die Gegenwart, so haben sich natürlich die Methoden geändert, aber der Wahrheitsanspruch der Katholischen Kirche hat sich nicht geändert. Selbst in den theologischen Kreisen pflegt man die vorgegebenen Dogmen weiter und bewegt sich – angeblich wissenschaftlich – denkend nur innerhalb der Dogmen. So verwundert es nicht, dass andere Wissenschaftler sagen, dass die Theologie keine Wissenschaft ist. Die Theologen sehen das natürlich anders und erklären die Theologie einfach als „die göttliche Wissenschaft“ die über allen anderen steht. So geht man ideologisch vor, wie ich bereits schon vorher ausgeführt habe.
    In seinem Buch „Herren und Knechte der Kirche“ beschreibt Hubertus Mynarek (Prof. Dr. theol.) aus eigenen Erfahrungen, wie die Angst und auch unausgesprochene Regeln den Klerus, alle Studenten und auch die Professoren in den theologischen Fakultäten regiert:
    „….Angst in ihren verschiedenen Wirkungsweisen ist der gemeinsame, universale Grund, weswegen sich alle katholischen Priester, die konservativen ebenso wie die progressiven, von der Amtskirche, d.h. vom Papst, dem Vatikan und den Bischöfen gängeln und manipulieren lassen.“ (aus dem o.g. Buch, S 339, 1. Absatz)

    Weiter schreibt H. Mynarek: „Freilich bekennen sich Theologen nicht gerne zu ihrer Angst und noch weniger gern zu den Motiven, deretwegen die Mehrzahl von ihnen das Joch unbedingter Unterwürfigkeit, Loyalität und Linientreue der Amtskirche gegenüber auf sich nimmt. Deshalb wenden sie die Sache ins Positive und sprechen von der notwendigen, ja liebend bejahten Kirchlichkeit der Theologie und der Theologen…“ (aus dem o.g. Buch, S339/340)

    Nicht eigenständige Wahrheitssuche, sondern unbedingte Unterwürfigkeit, Linientreue gegenüber der Amtskirche – und das im 21. Jahrhundert – fordert die Kirche von ihrem Klerus! Das „In der Kirche sein“ und „Sich zur Kirche bekennen“ ist immer noch das Hauptmotiv. In einer ideologischen Institution, die nur Glauben, Gehorsam und Lippenbekenntnisse fordert, können keine individuellen, den Menschen und die Kultur aufbauenden schöpferischen – und das würde bedeuten: Christliche Prozesse – entstehen.

    Für mich ist es unerklärlich, warum (wie einst die Kaiser) immer noch Politiker oder prominente Personen aus aller Welt nach Rom pilgern und dem Papst die Hand küssen. Mit solchen Bildern zeigt sich die politische Verbundenheit und das weltliche Machtstreben der Katholischen Kirche. Liest man das Buch von Carsten Frerk „Kirchenrepublick Deutschland“, wird einem deutlich, wie einflussreich die Kirche in Deutschland ist. Die Staatsregierung ist 2018 ohne Ausnahme mit bekennenden Protestanten und Katholiken besetzt. (Beklagt Rolf Bergmeier in seinem Buch „Machtkampf. Die Geburt der Staatskirche“). Es umarmen sich wieder Kirche und Staat; Kirchenfunktionäre steuern im Hintergrund die politischen Entscheidungen. Deutlich zeigt sich auch der große Einfluss der Kirchen (auch der evangelischen Kirche) in den sozialen Einrichtungen. Hier ist alles kirchlich; die Kirchen haben hier ein Monopol aufgebaut. Dies geschieht durchaus mit missionarischem Anliegen – da kommt man als deutscher Bürger kaum aus. Der Staat hat die Verantwortung für Kindergarten, Pflegestationen, Krankenhäuser zum Großteil an die Kirchen abgegeben. Auch hier sieht man den Einfluss sogenannter Kirchenlobbyisten.

    Fazit: Das „In der Kirche sein“ dient alleinig den Kirchen zur Unterstützung ihrer Größe und dem Erhalt von Einfluss und Macht. Die Katholische Kirche und auch seit ihrer Entstehung die Evangelische Kirche benutzen den Christus und die überlieferten Heiligen Schriften für ihre Ideologie. Sie sind nicht bemüht, ein Verständnis und aktive Nachfolge zum „Christ-Sein“ zu schaffen. Die Katholische Kirche lehrt sogar, dass es gar nicht geht, das sogenannte „Unbeschreibare Heilige Geheimnis“ zu erkennen. Seit 1500 Jahren behauptet die Katholische Kirche, sie allein sei von Gott eingesetzt, dieses Heiligen Geheimnisses zu besitzen und zu vermitteln. Nur über die Kirche gibt es ein Heil … . Es hört sich an wie ein Kindermärchen, aber das ist auch noch gegenwärtig das bestehenende Selbstverständnis der Kirche.

    So belügt Papst Franzikus in seiner 2014 gehaltenen Rede die Menschen und versucht, sie mit suggestiven und manipulativen Methoden in der Kirche zu halten. Die katholische Kirche will den Menschen unterwürfig, glaubend, naiv und brav halten. Es besteht ein ideologische System, das festgefahren in Dogmen um seiner selbst willen deshalb auch und gerade in unserer „aufgeklärten“ Zeit alle Kritiker angreift.

    Eine ideologische Institution hat mit dem schöpferischen Christ-Sein, wie es oben versucht wurde zu beschreiben, nichts zu tun. Christ-Sein ist das direkte Gegenteil. Innerhalb der Kirche scheint es kaum möglich, ein schöpferisches Christ-Sein zu entwickeln.

  2. Das Thema Suggestion bedarf nach meiner Erfahrung noch viel mehr an Aufmersamkeit.
    Eigentlich bräuchte man dem Artikel von Heinz Grill nichts hinzu zu fügen. Er ist in sich von einer logischen Brillanz, die nicht ergänzt oder kommentiert werden müsste. Dennoch finde ich die eigene Auseinandersetzung mit dem Thema wichtig, denn damit setzt man Gedankengänge in Bewegung. Welche verheerenden Wirkungen durch den Machtanspruch von der Kirche freigesetzt werden, ist kaum abzuschätzen. Siehe Punkt 7 des Artikels .
    Den Beitrag zu diesem Thema von Martin Bous finde ich sehr gut, denn manchmal ist es hilfreich, sich etwas humorvoll mit solchen Inhalten auseinanderzusetzen, anstatt zu verzweifeln.
    Dass die Kirchenbestuhlung tatsächlich so konzipiert ist, dass es „Andächtigen“ unmöglich ist, sich darin aufzurichten, ist gut beobachtet. Immer schön brav und bucklig bleiben ist ein wichtiges Anliegen der Kirche.
    Heute, am Ostersonntag werden wir wieder überschwemmt mit Segnungen aus dem Vatikan und Bildern vom Petersplatz, mit salbungsvollen Worten des Klerus, ob wir wollen oder nicht. Immer schon habe ich diese kirchlichen Feiertage als beschwerend empfunden. Tatsächlich, wenn man sich abseits der üblichen Gruppendynamiken und Feierlichkeiten bewegt, bemerkt man gerade um diese Zeit eine Atmosphäre der Schwere und Niedergeschlagenheit. Warum ist das so? Weil sich besonders an den hohen Kirchenfeiertagen die Suggestionen unbemerkt weitertragen können
    Viele Traditionen zu den großen Jahresfesten der Kirche haben einen Ursprung im Volksglauben und in so genannten„heidnischen“ Bräuchen, welche auf die Frühlingsfeste zurück gehen. Die Kirche hat sie mittlerweile alle für sich einverleibt um die mehr oder weniger Gläubigen wenigstens an den Feiertagen in die Kirchenbänke zu holen, wo sie dann in der bereits erwähnten buckligen Körperhaltung sitzen dürfen oder knien müssen. Nicht alle Menschen können oder wollen sich den traditionellen Osterbräuchen entziehen.
    Der Gedanke der Auferstehung Christi wird zwar in der Kirche angesprochen, aber nicht damit verbunden die Auferstehung des Geistes im Mensch-Sein. Der Mensch sollte in dieser Institution ja gar keinen Geist haben oder ihn zumindest bitte nicht eigenständig gebrauchen. Mit dem Empfang der Hostie darf er den „Geist aus der Hand des Priesters“ höchstens passiv empfangen und ihn mitsamt allen Widersprüchen materiell verdauen.
    Vorige Woche hatte ich ein interessantes Treffen mit zwei mir gut bekannten älteren Menschen. Eine Frau, sie ist aus der Kirche vor langer Zeit bereits ausgetreten, weil die Kirche für sie nicht glaubwürdig war, die zweite Person ein Mann, er stuft sich mittlerweile selber als nicht gläubig ein. Beide sind durchaus als gebildet und kritisch einzustufen, aber dennoch den Suggestionen der Kirche mehr oder weniger hilflos unterlegen. Beide hatten in der Kindheit eine sogenannte „tiefkatholische Erziehung.“
    Als das Gespräch auf die Kirche kam und ich meine Ansichten bezüglich Suggestionen vorsichtig formulierte und aussprach , merkte ich die plötzliche Überforderung und nachhaltige Prägung durch die tiefkatholische Erziehung der beiden.
    Der Mann meinte, er sehe das Ganze als nicht so dramatisch an, auch die Zahlungen vom Staat an die Kirchen wären nicht so schlimm und für einen guten Zweck. Auf meine Frage, für welchen guten Zweck, wußte er keine Antwort. Die Frau wiederum meinte, sie fände das, was die Mafia mache, viel schlimmer. Menschenhandel, Drogenhandel, Geldwäsche usw.
    Nun kann man an den kriminellen Machenschaften der Mafia tatsächlich nichts Gutes finden. Der Vergleich, dass die Zustände in der Mafia viel schlimmer seien, als in der Kirche, ist aus einem sehr einfachen Grund gar nicht möglich.
    Jeder, der das Wort Mafia hört, bringt dieses Wort in den richtigen Zusammenhang zu Kriminalität und entwickelt eine entspechende innere Abwehr. Die Mafia ist das, was sie ist und wird als solche wahrgenommen und bekämpft, wenn auch meist unzureichend.
    Wer das Wort Kirche hört, verbindet damit aber fast automatisch den Anspruch auf „Heiligkeit“ obwohl sie diesem Anspruch niemals gerecht wurde und bis jetzt nicht wird. Alle Vergehen und Verbrechen dieser Institution der letzten Jahrhunderte, bis in die jetzige Zeit, kommen zunehmend mehr ans Licht. Dennoch ist eine wirkliche Trennung von Kirche und Staat, eine wirkliche unabhängige Gesetzgebung zu den Verfehlungen bisher nicht erfolgt. Der so genannte einfache Bürger ist sich nicht der wirklichen Dimension bewusst, mit welchen Mitteln die Kirchen arbeiten, um ihren Status und Machtanspruch nicht zu verlieren.
    Die schlimmste Suggestion und das größte Vergehen dieser Institution besteht und bestand immer schon darin, alle Menschen, die nicht konform mit der Auslegung ihrer Lehre gehen können, mit dem Sektenbegriff zu stigmatisieren und zu verfolgen.
    Zwar kommen in regelmäßigen Abständen die verbalen Mahnungen vom Papst, den Kardinälen und den Bischöfen, bis hinunter zu den Priestern: „Man müsse Toleranz gegenüber anderen Glaubenrichtungen zeigen.“ Welche anderen Glaubensrichtungen sind damit eigentlich gemeint? Sind das die staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften, oder schließt diese geforderte Toleranz auch alle anderen Menschen ein, die keiner Religionsgemeinschaft angehören? Oder gar Menschen wie Heinz Grill? Wohl eher nicht, denn tatsächlich fürchtet die Kirche nichts mehr als Menschen wie ihn, der anderen vorlebt, wie ein bewusster Umgang mit existentiellen Fragen der Menschheit aussieht. Ein Mensch, der mit höchster Treffsicherheit und Bewusstheit die wunden Punkte dieser Institutionen benennt, kann gar nicht bei diesen willkommen oder beliebt sein. Der Begriff der Sekte wird von den Kirchen ganz bewusst angewandt, um Ausgrenzung und Angst zu bewirken.
    Suggestionen enden nicht vor der Kirchentüre und nach der Messfeier. Sie wirken weiter, selbst wenn manche glauben, die Kirchenbindungen der Kindheit im Laufe der Jahrzehnte abgelegt zu haben. Das schlechte Gewissen, dass in der Kindheit in die kleinen Köpfe eingehämmert wurde, besteht untergründig weiter, ohne dass es je erkannt und verarbeitet wurde.
    Da zeigt man sich noch als alternder Mensch lieber „tolerant“ und will es gar nicht so genau wissen. Sonst könnte sich das Gefühl einschleichen, dass an diesen Institutionen etwas grundsätzlich nicht stimmig ist und man müsste dann genau nachdenken und hinschauen. Beides ist anstrengend und wenig erbauend und man will an den Osterfeiertagen auch mal seine wohlverdiente Ruhe haben.
    So wirken Suggestionen weiter ….

  3. Neulich kam ich nach langer Zeit anlässlich der Beerdigung der Großmutter noch einmal in den Genuss einer katholischen Messe. Was ich dort und bei der anschließenden Beisetzung erleben durfte, versuche ich im Folgenden mit den Ausführungen zum Thema „Suggestion“ in Beziehung zu bringen. Man entschuldige mir bitte im Vorfeld die eingebauten Narreteien; es scheint meine Art zu sein, mich mit dem Thema auseinander zu setzen, nicht ohne Hoffnung, dass der Inhalt trotzdem nicht allzu sehr darunter leidet 😉
    Schon einigermaßen edel motiviert, mich an der anstehenden Trauerfeier angemessen und mit Respekt zu beteiligen, wurde mir mein Aufenthalt im Laufe der Messe doch zur Qual, so dass ich mich gegen Ende nicht mehr am wohlbekannten Ritus beteiligen konnte und wollte. Wenn beispielsweise im Sakrament der Satz erklang „Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eintrittst unter mein Dach…“ , regte sich in mir beinahe reflektiv – da ich die Worte einmal einfach wörtlich nahm – ein regelrechter Widerwille, der mir im Weiteren verbot, angesichts dieser ausgesprochenen Worte auch noch niederzuknien. Der Widerwille sprach: „…und ob ich würdig bin, ha!“
    Nun denn, vielleicht ist dieser sakramentale Satz auch ganz anders zu bewerten und ich nehme ihn eben fälschlicher Weise & unwissend zu wörtlich und auch der Hochmut spielt hier vielleicht ebenso seine Spielchen, aber es verstärkte sich in mir zunehmend folgender Eindruck: Dass mir hier etwas abgesprochen werden soll und ich dafür auch noch demütigst dankbar sein soll. Schon das äußere Setting unterstützt diese unterwürfige Hoheitsgläubigkeit in meinen Augen: allein der Kniefall in diesem katholischen Gotteshaus braucht nämlich gar nicht aus freiem Herzen entstehen, sondern ist vom Mobiliar nahezu vorgegeben, was uns die weiteren Lektionen in Demut wohlwollend abnimmt. Die Sitzflächen sind so schmal und die Rückenlehne so steif, dass der Versuch, die Aufmerksamkeit mit einem aufgerichteten Rücken beizubehalten, beinah sturz-automatisch mit einem Kniefall belohnt wird.

    Ich möchte durch diese ironisch motivierten Witzleien nun nicht den Eindruck erwecken, dass ich die anwesenden gutgewillten Kirchgänger verurteile; selbst der von Amtes wegen ausführende Pfarrer hat durch herzenswarme und angemessene Worte die Trauer der verwandten Menschen aufgegriffen und die Verstorbene anteilnehmend verabschiedet. Es regte sich in mir vielmehr eine Art von unspezifischer Trauer, gemischt mit Zorn, dass die Seelen, die die Kirche doch immer noch besuchen, durch eine welt- und wertmaßgebende Institution – und nichts anderes und mehr als letzteres ist die Kirche geworden – solch dürftige und unzureichende geistige Nahrung vorgesetzt bekommen. Angesichts des uns alle betreffenden Todes in spe wahrlich eine Trauerfeier! Ein wenig keck möchte man sagen, dass in der Predigt die Ausführungen an der Stelle aufhören, wo es für die lauschenden Seelen eigentlich „spannend“ werden könnte: Wo ist die Seele der Verstorbenen nun? Was lässt sich über ihren weiteren Werdegang sagen? Wie lässt sich der Tote eventuell begleiten? Nichts außer schwammigen Begrifflichkeiten und nebulösen Andeutungen war diesbezüglich zu hören. Der Rest ist reines Ritual.
    Und bei anschließendem Kaffee- und Kuchen hatte die Tote eigentlich keinen Platz mehr an der Tafel, sie war ja soeben beerdigt worden und damit tot und so auch nicht mehr anwesend. Ausgeschlossen in Erinnerung, könnte man vielleicht ein wenig poetisch sagen.
    Wie heilsam wäre hier ein auf exoterische Weise vermittelter esoterischer Inhalt und wieviel Trost, aber auch Hoffnung ließe sich damit erwirken? Und könnten wir – so motiviert und gestärkt – nicht gar einmal selber wissend werden?
    Was bedeutet dies wiederum für die weltpolitische Lage im Gesamten? Wären Kriege überhaupt noch von Bedeutung angesichts der wirklichen und wahrhaftigen Auseinandersetzungen, die durch solche Inhalte angeregt würden?

    Tja, leider sieht es aber anders aus im Staate Vatikan und auch dieser ist wohl auch aufgrund meiner eigenen devoten, ängstlichen und dogmatischen usw. Wahrheitsflüchtigkeit Manifestation seiner selbst.

    Erfreuen konnte mich bei beschriebenem Setting eine Kerze auf dem Hochaltar. Sie brannte während der Messe schneller als alle ihre Schwestern, ja, sie brannte hell & hohl und drohte zum feuerspuckenden Unikum zu werden, dass sich am Ende der Feierlichkeit den Löschversuchen der Pastoralreferentin eine ganze Weile widersetzen konnte. Irgendwie fand ich das schön 😉
    Und am Ende wurde mir an diesem Tag die zweifelhafte Ehre zuteil, das Kreuz mit dem Namen meiner Oma der Prozession zum Friedhof voranzutragen. Das durch Mikrofon verstärkte Zeremoniell im Rücken blieben vor uns sogar die Autos stehen, wendeten gar. Das war schon beeindruckend, gaukelte es doch beinah Omnipotenz vor, zumindest im Strassenverkehr. So viel also noch zur Rolle der Kirche in der Neuzeit: Rechts vor Links wird ausgeblendet, es geht nur stramm nach vorn und nach uns die Sintflut…
    Und weil es an Humor zur Zeit ein wenig mangelt, es aber auch langsam mal genug ist, am Schluss die Preisfrage des heutigen Kreuz-Wort-Rätsels:
    „Weltmacht mit drei Buchstaben?“
    Lösung : ich

  4. Vielen Dank für das Aufzeigen des Widerspruches der Amtskirche, zu einem lebendigen Christentum.
    https://www.bibleserver.com/text/EU/Matth%C3%A4us18%2C20 In dieser Bibelstelle wird
    eigentlich das widerlegt, was Papst Franziskus in seiner Rede sagt: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“
    Auch hier bei Markus gibt es eine ganz klare Aussage: http://www.jesus.ch/information/bibel/bibelstudium/markusevangelium/136635-bibelstudium_markus_93842.html Herzliche Grüße und nochmals vielen Dank
    Bibelstudium: Markus 9,38-42

    Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns

    38 Johannes sagte zu Jesus: «Herr, wir haben einen Mann getroffen, der in deinem Namen Dämonen austrieb. Aber wir haben es ihm verboten, weil er ja gar nicht mit uns geht.» 39 «Das hättet ihr nicht tun sollen!» erwiderte Jesus. «Wer in meinem Namen grosse Taten vollbringt, wird nicht gleichzeitig gegen mich arbeiten. 40 Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.»

    Das heißt Christus selbst wendet sich gegen ein Sektenreferat.
    Sehr gut ist auch der Großinquisitor von Dostojewsky.

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