Man höre besser nicht allein auf den Körper
„Der Körper weiß, was für dich gut ist.“ Diese Wortformel, die in vielen esoterischen Kreisen und allgemein wie ein guter Ratschlag unter Menschen kursiert, bezeichnet nahezu die Bewusstseinsverfassung der materialistischen gegenwärtigen Zeit. Wie aber verhält es sich wirklich, wenn man dieser Wortformel leichtfertig Folge leistet?
Es existieren sicherlich zahlreiche Bedürfnisse, die der Körper auf automatische Weise signalisiert, und dies ganz besonders, wenn er in einem Mangelzustand angelangt ist. Das Verlangen nach Trinken, Essen, nach Nähe, Zuneigung, nach Erholung, Ruhe und Frieden, nach Sympathie, Wohlergehen oder Bequemlichkeit erregt sich eigentlich nicht direkt vonseiten der Physis, denn diese wäre bedürfnislos, sondern sie zieht in das menschliche Innere durch die nervliche Anlage, die einem sensitiven Empfangsapparat gleicht, der sowohl alle irdischen als auch kosmischen Ströme empfängt. Da dieses Nervensystem nicht nur nach mechanischen Gesetzen funktioniert, sondern unendlich viele Lernmöglichkeiten besitzt, wird es zur Trägerkraft des seelischen Erlebens oder allgemein gesagt zur Seele selbst. Diese Seele aber wiederum darf man nicht nur begrenzt als ein irdisches Gleichnis betrachten, sondern als eine reale Existenzeinheit, die aus dem Kosmos entspringt und im Menschen eine mikrokosmische Heimat bezieht. Aus diesem Grund kann man die Seele, die durch die Trägerkraft des Nervensystems organisiert ist, als den sogenannten Astralleib bezeichnen. Der Körper als lebendiger Organismus besitzt durch diese lebensvollen und hochsensitiven Anlagen einen wohlbekannten Selbsterhaltungstrieb, der in natürlichen Begehrensformen seinen Ausdruck nimmt.
Würde sich das menschliche Bewusstsein auf die Selbsterhaltungstriebe reduzieren, ohne jene höhere Perspektive der geistigen Entwicklungsmöglichkeiten zu kalkulieren, so wäre die Formel, „Höre auf deinen Körper, denn dieser weiß was gut für dich ist“, vielleicht noch vertretbar. Bei genauerer Betrachtung sind jedoch die Bedürfnisse, die der Körper signalisiert, sehr relativ, denn es könnte sein, dass ihn in seinen Gliedmaßen eine Müdigkeit übermannt und der Kopf in eine nahezu schlafende Schwere sinkt, obwohl weder Schlafmangel noch eine reale Erschöpfung vorliegen. Dies liegt beispielsweise vor, wenn antipathische Stimmungen den Menschen übertönen. Die Bedürfnisse, die sich über den Leib mithilfe der nervlichen Steuerungen in das Bewusstsein hineinspiegeln, steigen wie von unten nach oben oder – anders ausgedrückt – tatsächlich vom Leiblichen, oder – noch anders ausgedrückt – von einem sogenannten niedrigen übertönten Trieb in das bewusste Empfinden auf und geben dem Menschen sehr viele falsche Gefühle vor. Es ist der Astralleib, der die verschiedensten Begehrensformen in sich trägt und auf der einen Seite sehr nahe mit dem Körper verwickelt sein kann oder auf der anderen Seite freiere, souveräne und lichte Wahrnehmungen vonseiten einer geistigen Aktivität empfangen kann. Man kann diesen Astralleib, wie er mit den Antipathien sich begehrend verbindet, meist an roten oder unruhigen Farbtönen erkennen oder, wenn er sich an der Antipathie erschöpft, im Sinne von Müdigkeit wahrnehmen. Eine wirkliche Sympathie mit Verbindung, Empathie und Interesse würde grundsätzlich das Nervensystem beleben und somit den Astralleib in seinen Farbausstrahlungen erfreuen.
Eine geistige Schulung will diesen Astralleib läutern, ordnen und in eine universelle Brüderlichkeit mit größtmöglicher Weite führen. Das Begehren, das aus dem Körper ohne bewusste Kontrolle aufsteigt und die Gefühle im Gemüte determiniert, verdrängt die wahreren Möglichkeiten zur geistigen Entwicklung und führt das Bewusstsein in jene Stimmung, die in älteren Schriften des Yoga mit avidya, Unwissenheit, bezeichnet wurde. Aus diesem Grunde spricht sich die Bhagavad Gita in vielen Versen, die heute für die Gegenwartskultur so unverständlich anmuten, wie beispielsweise folgend aus:
Tani sarvani samyamaya yukta asita mat-parah.
Wenn er alle Begehrensformen überwunden hat, kann er geeint und hingebungsvoll mir gegenüber sitzen. (Kapitel 2 Vers 61)
Diese Worte sind in der Bhagavad Gita von der Gottheit Krishna gesprochen. Indem nun das Wort Krishna mit „Gedanken“ gleichgesetzt wird, entwickelt sich eine leichter zu erfassende und entpersonifizierte Bedeutung:
Wenn er alle Begehrensformen überwunden hat, kann er geeint und hingebungsvoll dem Gedanken gegenüber sitzen.
Allgemein muss man zur Interpretation sagen, dass der Gedanke eine reine Form des Geistes ist und er ist nicht zu verwechseln mit dem so wohlbekannten Intellektualismus der gegenwärtigen Zeit.
Obwohl die Bedürfnisse des Körpers ernst genommen werden müssen, wie z.b. Hunger und sogar die Bedürfnisse nach Kontakt, Zuneigung und Anerkennung, so darf sich ein Suchender auf dem Meditationsweg nicht von diesen primär leiten lassen. In jedem Augenblick übersteigt das wache Bewusstsein diese Sehnsüchte des Leibes, ordnet sie in eine sinnvolle Beziehung und behält dadurch die Führung über seinen Körper, sodass das Begehren, das von diesem hochsteigt, zu einer natürlichen Antriebskraft im Leben wird und beziehungsvoll ausstrahlt. Die Gefühle, die vonseiten eines signalisierten Mangels stimuliert werden, wie beispielsweise im klassischen Sinne das Bedürfnis nach Nahrung, gewinnen in dieser gesamten Bewusstwerdung und Bewusstseinsordnung eine natürliche Integration. Der Hunger wird bei jenem, der sich einigermaßen in einer Beziehung zum Essen und zur Nahrungsaufnahme schult, zu einem angenehmen Gefühl. Das vom Leibe aufsteigende Begehren gewinnt durch die bewusste Auseinandersetzung eine schöne Einordnung. Eigentlich ist das Hungergefühl, das sich bis zur brennenden Gier steigern kann, eine Form von Begehren, von einem Wesen, eine sogenannte kamarupa Gestalt, die sich in besonderem Maße steigern kann, wenn ein seelischer Mangel im Menschen vorliegt.1) Zu kamarupa siehe Bhagavad Gita Kapitel 3, Vers 43.
Die Seele im Jenseits
Nach dem Abscheiden des Körpers, dann wenn die Seele und somit der sogenannte Astralleib in den Kosmos hinübergeht, erlebt dieser nicht mehr das irdische Bedürfnis, das beispielsweise aus dem Selbsterhaltungstrieb während der Lebenszeit hervorgequollen ist, sondern ganz eigenartigerweise erlebt die Seele gerade diejenige Wesensform, die durch mangelhaften Mut, durch Faulheit, durch viele materialistische Bedürfnisbefriedigungen oder allgemein durch Zurückgezogenheit nicht entwickelt wurde. Der Hunger war beispielsweise zu Lebzeiten durch die Existenz des Körpers gegeben. Diesen konnte der Mensch leidvoll ertragen, aber ebenso der Genuss zum Essen war sein täglicher Wegbegleiter. Im gewöhnlichen Leben verbringt der einzelne Mensch relativ viel Zeit mit der Essenszubereitung, Kultivierung von Nahrungspflanzen, Einkäufen und schließlich, in letzter Konsequenz, belebt er seine Träume mit Bedürfnissen nach kulinarischen Genüssen. Diese Bedürfnisse sind wie automatisch von der Begehrensnatur und dem astralen Anteil, der mit dem Körper verquickt ist, gegeben. Würde der einzelne Mensch nur nach diesen und ähnlichen Bedürfnissen sein Dasein ausrichten, so könnte er niemals von Freiheit sprechen und es wäre ihm in jedem Falle eine Form der Meditation, die in einem Gedankeninhalt erblüht, unmöglich. Es darf deshalb gesagt werden, dass die einseitige Befriedigung der irdischen Bedürfnisse, ohne eine höhere Idealität zu kreieren, auf der anderen Seite den Menschen geistig verhungern lässt. Diese Problematik liegt im Materialismus wie eine Art wirkliche Hungerepidemie.
Die Seele erlebt in jener jenseitigen Welt, die frei von allen körperlichen Fixierungen und Emotionen ist, ihre wahre und qualitative Wirklichkeit. Wenn sie sich geistig nicht gemäß den Notwendigkeiten fortentwickeln konnte und viele Unterlassungen aufweist, die jedoch gemäß der Entwicklung getätigt hätten werden müssen, so erschafft sie sich eine abschirmende Hülle, die ein Zirkulieren von natürlichen Lichtkräften verhindert. Sie fühlt sich dann wie abgeschlossen und isoliert. Sie ist wie lichtlos in eine Einzelzelle eingekerkert und leidet somit unter dem Mangel an lebendigen Geistbezügen und Geistinhalten. So wie die Nahrung im irdischen Leben den Körper erhält, im gleichen Maße erhält das Geiststreben zu ordentlichen höheren Zielen die Seele, die sich im Lichte befindet.
Man kann sagen, dass sich die Seele von den höheren Anteilen, die sich im Astralleib entwickeln, regelrecht lichtvoll ernährt, während sie sich gerade durch die niedrigen Anteile, die aufsteigenden Begehrenslüste, die sich aus dem leiblichen Verlangen brüsten, in eine arme, isolierte und abdunkelnde Position begibt. Häufig ergibt sich deshalb, dass die Genüsse, denen sich der Mensch hingibt, nun im Jenseits Leidensformen werden, während ein mühsames Durchhalten mit disziplinierter, oft grenzüberschreitender Ausdauer, sogar mit manchen Auszehrungen des Körpers und einem opfervollen Ringen nach höherer Entwicklung, freudige, sympathische Gestaltformen erzeugen. Das diesseitige und das jenseitige Dasein sind meist so grundverschieden, wie die Tag- und Nachtseiten im Leben.
Der Mangel an seelischer Entwicklung kann bereits im irdischen Leben erfasst werden
In der Regel bemerkt der einzelne Mensch nur die tatsächlichen Bedürfnisse, die der Körper signalisiert und vergisst gänzlich die feinsten Appelle in seiner Seele, die an die Entwicklungsfrage erinnern. Der Körper fühlt sich beispielsweise erschöpft und müde an, will Erholung, Schlaf und Ruhe. Wie häufig erlebt der Bürger die Erschöpfung gerade bei einseitigen Überforderungen und bei einem Mangel an sinnvoller Aktivität. Der Körper signalisiert ihm immer mehr das Bedürfnis nach Rückzug und Ruhe. Die Tatsache, dass jedoch eine sinnvolle Aktivierung des menschlichen Potenzials, sowohl des Denkens, des zu beanspruchenden Fühlens und des Willens einen Ausweg aus diesem Dilemma bilden könnte, erlebt in der Regel der einzelne Mensch nicht.
Die Erfahrung bei Regenerationsaufenthalten, die verbunden mit geistigen Studiengängen sind, zeigte jedoch auf erstaunliche Weise, dass nach einigen Wochen oder spätestens nach einigen wenigen Monaten der Mangel in der Seele an wirklicher Aktivität und mentaler Erkraftung erlebbar wurde. Während der Phase des Erschöpftseins verlangt der Körper nach Ruhe und signalisiert in der Psyche das einseitige Verlangen nach passiver Zuneigung. Erst nach der ersten geleisteten und durchgehaltenen Aktivität, die in die Entwicklung gebracht wurde und die eine Erkraftung des seelischen Erlebens und der Beziehungsfähigkeit herbeiführte, bemerkte der Übende, dass ihm zu dieser Zeit, in der er noch in der Erschöpfung stand, tatsächlich etwas gefehlt hatte. Rückblickend lässt sich der alte Zustand mit seinem spezifischen Defizit erkennen.
Übertriebenerweise könnte man das eigenartige Beispiel anführen und sich vorstellen, dass grundsätzlich der Mensch nicht eine hochorganisierte Hand mit fünf Fingern besäße, sondern eine Art tierische Pfote, etwa so wie ein Hund. Diese ist wenig differenziert, nicht mit Fingergliedern und sensitiven Tastsinnen ausgestattet. Hätte der Mensch derartige Pfoten, könnte er nie eine feingliedrige Arbeit machen und er wäre unfähig zu schreiben und könnte ebensowenig künstlerisch modellieren. Der Mensch blickt auf den Hund, sieht seine Pfote und kann sich denken: „Gott sei Dank fehlen mir nicht die sensitiven und modellierenden Hände.“ Der Hund jedoch kann nicht hinaufblicken zum Menschen und sich sagen: „Mir fehlen die Hände.“ Der Mensch jedoch, der immer auf der Stufe mit Pfoten verharren müsste, kann keine Sehnsucht zu hochorganisierten Händen entwickeln, da er sich diese gar nicht vorstellen und denken kann. Sie sind außerhalb seines Umfassungsvermögens und deshalb würde er sich in dieser Lage nicht in einem Mangel fühlen.
Er wird den Mangel, den er an Feinfühligkeit, Geschicklichkeit und Modellierungsfähigkeit mit den Pfoten gehabt hätte, eben erst dann verspüren, wenn er Hände mit feinfühligen Fingern besitzt. Ein Defizit kann deshalb nur dann wahrgenommen werden, wenn die Möglichkeiten in vergleichbarer Form vorliegen.
Der wesentliche Mangel besteht heute in den geistigen Sinngebungen zum Leben und in dem Verlust der entsprechenden Wahrnehmungsorgane für wirkliche Spiritualität. Der einzelne Mensch kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass er einen Mangel an Geistigkeit und nicht zuletzt sogar einen Mangel an seelischem, inneren Erleben besitzt. Erst nach einiger Zeit, wenn er sich im Lernen zu wachsenden geistigen Wahrnehmungen, Empfindungen und Gedanken schult und in dieser Disziplin gewissermaßen seelische Werkzeuge anlegt, wie es eine Art menschliche Hand ist, aber nicht eine sichtbare Hand, sondern seelische Fähigkeiten und moralische Kompetenz, die zu Kommunikation, höherer Wahrnehmung und weisheitsvollen Einsichten führt, bemerkt er erst seine wirkliche Verlorenheit und er kann mit der weisen Reflexion zurückblicken und erkennen, dass ihm tatsächlich ohne Entwicklung eine essenzielle Möglichkeit gefehlt hatte.
Nach dem Tode erlebt der Mensch die fehlenden Entwicklungsschritte als tiefen essenziellen Mangel
Grundsätzlich führt das Überschreiten der Seele vom Diesseits in ein Jenseits immer zu einem Rückblick über das vergangene Dasein. Nach einiger Zeit bemerkt die Seele im Einleben in ihre kosmische, neue und ausgedehnte Wirklichkeit die Etappen der Entwicklung, die sie versäumt hat, und sie muss nun die Mängel wie einen Substanzverlust ertragen. Während des irdischen Daseins besaß der einzelne Mensch einen physischen Körper und er konnte sich mit diesem innerhalb des irdischen Daseins beheimatet fühlen. Nach dem Abscheiden der gesamten physischen Umstände bleiben jedoch die positiv geleisteten Entwicklungsfragen und die Heimat, die nun die Seele beziehen kann, gründet sich nicht mehr auf den vorgegebenen irdischen Vorzügen, sondern auf den erlangten Erkenntnissen, die aus der irdischen Welt zusammen mit Erfahrung, Lernen und Geiststudium gewonnen wurden. Ganz naturgemäß erlebt deshalb jeder Abgeschiedene gerade diejenige Dimension, die im Irdischen nicht ausreichend erlebt werden konnte, nämlich die geistige und moralische Unterlassung. Sie wird zum Hungergefühl und schließt den Menschen vor den freudigen Lichtwelten ab.
„Höre auf deinen Körper, denn dieser weiß was für dich gut ist“ beschreibt eine sehr zur Verhaftung neigende Wortformulierung. Sie entsteht in besonderem Maße durch die Abhängigkeiten des Gemütes von der irdischen Welt und schließt in größtem Maße die Entwicklungsfrage des möglichen geistigen Daseins aus. Mit dem zu starken Hören auf den Körper beginnen sich die niedrigen Anteile des Astralleibes zu regen und diejenigen feineren, hinter den Sinnesgenüssen wartenden Einflüsse einer geistigen Welt bleiben unerhört. Der Einzelne ist mit dieser Wortformel von den sogenannten motorischen Nerven geleitet und es fehlt ihm an Selbstbeschaulichkeit und wirklicher Wahrnehmung gegenüber einer größeren Gesamtrealität. Er neigt sich dem Egoismus hin. Er spürt meistens zu sehr in seine vegetativen Systeme hinein und übersieht tragischerweise, wie sehr dieser ganze physische Apparat nach einem höheren und weiseren Steuerungssystem vonseiten des Geistes ernährt werden müsste.2) Jemand der sagt, „Höre auf deinen Körper, denn dieser weiß was gut ist“, erlebt sich aus der Vergangenheit und nicht im Werdeprozess zu einer Zukunft. Er knüpft an seinem eigenen Schicksal oder – anders ausgedrückt – am Karma an.
Die Archai sind nach ihrer geistigen Natur jene souveränen Mächte, die sensibel und dennoch kräftig den Menschen in all seinen Handlungen erheben wollen. Sie bringen ihn zum Aufsteigen und zur Befreiung. Wenn Immanuel Kant von der Frage der Aufklärung spricht und diese als Ausgang des Menschen bezeichnet, der sich aus der Unmündigkeit und aus dem Unvermögen, seinen Verstand ohne Leitung eines anderen zu bedienen, erheben muss, dann wäre eben dieser Mut zum eigenen Denkprozess eine Kraft, die die Geister des Urbeginns motivieren.3) Siehe Franz Josef Weltz Illusion Menschenwürde, 2005. S. 267.
Würde man sich einmal selbst betrachten, zum Beispiel ganz ungewöhnlich, ja ganz unvorstellbar, aber man könnte ja hypothetisch einmal die Vorstellung hierzu machen, sich selbst zu betrachten aus der Warte der sogenannten Engelshierarchien, so müsste man unweigerlich die törichte und stumpfe Wahrnehmungswelt einer Wortformel wie „Höre auf den Körper denn dieser weiß was für dich gut ist“ sofort erkennen. Nun gibt es verschiedene Engel, die in verschiedene Hierarchien aufgeteilt sind. Sie besitzen unterschiedliche Wahrnehmungen und Fähigkeiten. Zu erwähnen seien beispielsweise die sogenannten Archai4) Die Archai werden im Griechischen als die sogenannten Äonen bezeichnet. Allgemein sind sie die Geister des Urbeginns. Die Bezeichnung leitet sich ab vom griechischen archē, das heißt Anfang, Prinzip, Ursprung., die Urbildekräfte, die in besonderem Maße die menschlichen Willenskräfte weisheitsvoll steuern.5) Weitere Hintergründe zu den geistigen Hierarchien, insbesondere zu den archai, den Engeln des Urbeginns, siehe auch das Buch, Verborgene Konstellationen der Seele 6) Nach der anthroposophischen Lehre ordnet man die erste Hierarchie als Serpahine, Cherubine und Throne dem menschlichen Willenselement zu. Die Archai gehören zur dritten Hierarchie, die aus Engel, Erzengel und den Archai besteht. Grundsätzlich wirken diese Engel des Urbeginns, die Archai, im Sinne eines Willenselementes, da sie die Steuerung bis in die Tiefe des Leibes im Menschsein übernehmen. Der Wille bildet die tiefste, unbewusste Natur des Menschen und trägt in sich die stärkste Antriebskraft in seinem Zentrum. Diese hohen Wesen sind licht und leicht, sie sind so leicht, dass sie gerade durch ihre Leichtigkeit eine Art vollkommene Freiheit gegenüber dem Körper signalisieren. Dennoch sind sie mit sehr hoher Weisheit begabt. Sie wissen und erkennen die genauesten Willensverhältnisse des Menschen. Entschlossenheit und Würde sind ihr tiefes geistiges Element. Wer beispielsweise in die Tiefe seiner Seele hineinlauscht, wird in sensitiven Augenblicken bemerken, dass es eine höhere Moralität gibt und dass er eigentlich durch sein Menschsein im Rufe des Geistes dazu aufgefordert wäre, diesem mit besten, entschlossenen Entscheidungen nachzukommen. Aber der Mensch besitzt eine Serie von Ausreden und kann sich stumpf und dumpf gegenüber dieser Wirklichkeit seiner eigenen Würde, die er in seiner Seele hätte, machen. Er kann sich beispielsweise sagen, er überlässt die Weisheit den intelligenteren Menschen und wertet somit entgegen der wahren tieferen Eingebungen seine eigene Person im Willen ab. Leichtfertig sagt er sich deshalb jene Wortformel, die heute ebenfalls so wohlbekannt ist: „Der Weg ist das Ziel und ich sei auf dem Wege.“ Die Notwendigkeit ein Ziel in umfassender Weise für die Weltschöpfung zu erreichen wäre aber die Bemühung der Geister des Urbeginns und würde der Würde des Menschen entsprechen.7) „Der Weg ist das Ziel“ ist eine degenerierte Form eines Zitates von Konfuzius, das richtigerweise heißt „Ich bringe meinen Willen auf den Weg“.
Nun kann man den Archē sprechen lassen. Dieser verkündet auf feinste Weise durch seine ihm anvertraute höhere Weisheit jene Empfindungen, die, wenn man sie in Worte fasst, etwa folgendes besagen: „Höre keinesfalls auf deinen Körper und seine schmeichelnden oder übertriebenen Emotionen, denn diese sind in der Summe und in ihrer Bindung ein Verderbnis für sich selbst. Übersteige in grenzüberschreitender Weise deine kleinlichen, aus dem Organischen aufsteigenden Ängste, opfere dich für eine größere Idee, habe Mut zum Leben im Sinne der Moralität. Erstrebe das beste und edelste Ziel. Du bist zum Aufstieg berufen. Ein Warten auf andere ist müßig. Sollte dir dein persönlicher Umstand ein Zittern vor Moralität und der Notwendigkeit der Handlung spiegeln, so höre nicht auf diese Wankelmütigkeiten und auf dein klein gemachtes Selbstverständnis. Der Körper soll nicht verzagen und hat nicht viel zu sagen, wenn hohe und höchste Pflichten an der Reihe sind. Die Kraft wirst du durch Weisheit für dein Handeln finden.“
Die Meditation bereitet den Menschen auf die geistige Welt vor
Keinesfalls sollten Meditationsübungen, wie sie heute vielfach verstanden werden nur als Instrument zur Entspannung oder zum besseren Ausgeglichensein und Wohlergehen für den Körper und für die Sinneswelt dienen. Jede wirkliche Meditation erfordert ein Grenzüberschreiten über die eigenen Schwächen, Erschöpfungen, Minderwertigkeitsgefühle, Emotionen und Verzagtheiten hinaus.8) Der Mangel an Geistigkeit führt zum körperlichen Verfall. Geistige Inhalte, höhere Weisheiten und wahre Erkenntnisse wollen als regelrechte neue Kräfte in das bisherige, ausgezehrte Dasein hineingelangen. Sie werden durch Konzentration gebildet und mit Ausdauer im Gedächtnis bewahrt, sodass die besten Ideen schließlich praktische Ideale und zuletzt verfügbare sozialfähige Glieder des Leibes werden. So wie sich die menschliche Hand vollkommen aus dem Pfotendasein des Tierreiches neu und größer organisieren konnte, so sollte im gleichen Maße die Meditationsarbeit den Mangel, den der Mensch in der Seele im Sinne seines Geistlebens besitzt, bewusst machen und jene schöpferischen Kräfte wieder zur Verfügung stellen, damit das einzelne Individuum das Gefühl bekommt, dass dieses Leben in dieser verheerenden Zeit gerade deshalb seinen Sinn besitzt, da es mit neuen Kräften, ästhetischen Zielen und wirklichen Geistinhalten erfüllt werden kann. Wenn kein neuer Geistbeginn erfolgt und keine Substanzerkraftung des Menschen im Sinne seiner höheren Fähigkeiten und übersinnlichen Organe eintritt, kann er niemals den Mangel, unter dem er tatsächlich leidet, erkennen. Er ist dann wie ein Bürger, der jeden Tag auf dem Sofa liegt, sich in seine genüssliche Körperwelt flüchtet und gar nicht bemerkt, dass er in Wirklichkeit einen Bewegungsmangel aufweist. Den geistigen Mangel wird man aber erst dann bemerken, wenn man sich über längere Zeit rhythmisch erbauend mit geistigen Studiengängen auseinandersetzt und daraus eine höhere Ebene der Übersicht über sich selbst und über seine klägliche Vergangenheit gewinnt.
Eigentlich haben wir Menschen alle einen nicht mehr wahrgenommenen geistigen Mangelzustand und deshalb überrennt uns der Materialismus mit beispielloser diktatorischer Härte und Unbarmherzigkeit.
Quellen:
Sri Aurobindo, Die Synthese des Yoga, Verlag hinder + deelmann, 1991, S.55 f.
„Die Methode, die wir anzuwenden haben, besteht also darin, unser ganzes bewusstes Wesen in Beziehung und in Kontakt mit dem Göttlichen Wesen zu bringen und Gott anzurufen, dass Er unser ganzes Wesen in das Seinige umwandelt. So wird zu einem gewissen Sinne Gott selbst, die wahre Person in uns, zum sādhaka9) sādhaka = Geistschüler unseres sādhanā10) sādhanā = geistige Übung und bleibt doch auch der Meister des Yoga, der die niedere Person in uns als Mittelpunkt für eine göttliche Umgestaltung und als Instrument für unsere eigene Vervollkommnung verwendet. In Wirklichkeit bringt der Druck des tapas11) tapas = Feuer, Entsagung in uns (nämlich die Kraft des Bewusstseins, das in der Idee der göttlichen Natur zentriert ist) auf das, was wir in unserer Gesamtheit sind, seine eigene Verwirklichung zustande. Das göttliche all-wissende und all-wirksame Wesen kommt in unser verdunkeltes und begrenztes Wesen hernieder. Es erleuchtet fortschreitend die ganze niedere Natur, es führt ihr immer neue Kraft zu und ersetzt schließlich alle Ausdrucksformen des niederen menschlichen Lichtes und des sterblichen Wirkens durch seine Aktivität.“
Rudolf Steiner aus „Anthroposophische Leitsätze“(1924/1925)GA 26:61:
„Als Willenswesen wendet sich der Mensch nicht an seinen Organismus, sondern an die Außenwelt. Er fragt nicht, wenn er gehen will, was empfinde ich in meinen Füßen, sondern, was ist dort draußen für ein Ziel, zu dem ich kommen will. Er vergißt seinen Organismus, in dem er will. In seinem Willen gehört er seiner Natur nicht an. Er gehört da dem Geist-Reich der ersten Hierarchie an.“
Anmerkungen
⇑1 | Zu kamarupa siehe Bhagavad Gita Kapitel 3, Vers 43. |
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⇑2 | Jemand der sagt, „Höre auf deinen Körper, denn dieser weiß was gut ist“, erlebt sich aus der Vergangenheit und nicht im Werdeprozess zu einer Zukunft. Er knüpft an seinem eigenen Schicksal oder – anders ausgedrückt – am Karma an. |
⇑3 | Siehe Franz Josef Weltz Illusion Menschenwürde, 2005. S. 267. |
⇑4 | Die Archai werden im Griechischen als die sogenannten Äonen bezeichnet. Allgemein sind sie die Geister des Urbeginns. Die Bezeichnung leitet sich ab vom griechischen archē, das heißt Anfang, Prinzip, Ursprung. |
⇑5 | Weitere Hintergründe zu den geistigen Hierarchien, insbesondere zu den archai, den Engeln des Urbeginns, siehe auch das Buch, Verborgene Konstellationen der Seele |
⇑6 | Nach der anthroposophischen Lehre ordnet man die erste Hierarchie als Serpahine, Cherubine und Throne dem menschlichen Willenselement zu. Die Archai gehören zur dritten Hierarchie, die aus Engel, Erzengel und den Archai besteht. Grundsätzlich wirken diese Engel des Urbeginns, die Archai, im Sinne eines Willenselementes, da sie die Steuerung bis in die Tiefe des Leibes im Menschsein übernehmen. |
⇑7 | „Der Weg ist das Ziel“ ist eine degenerierte Form eines Zitates von Konfuzius, das richtigerweise heißt „Ich bringe meinen Willen auf den Weg“. |
⇑8 | Der Mangel an Geistigkeit führt zum körperlichen Verfall. |
⇑9 | sādhaka = Geistschüler |
⇑10 | sādhanā = geistige Übung |
⇑11 | tapas = Feuer, Entsagung |