von Heinz Grill
Nach einer gelungenen Wanderung in den Bergen oder um einen See fühlt sich der Mensch nahezu immer erquickter und mit neuen Energien versorgt. Während stressbeladene Arbeitssituationen mit ihren vielen intellektuellen Verausgabungen das Nervensystem und das Vegetativum erschöpfen, spenden die Schritte auf einem Almboden mit ihrem leisen Rascheln und die natürlichen luftumwobenen Stimmungen an einer Bergeshöhe ein Gefühl des Aufgenommenseins und der entspannten Geborgenheit. Der Atem kann sich ganz besonders bei einem längeren Marsch aus manchen zwanghaften Fixierungen befreien und einen intuitiven, weichen Rhythmus annehmen. Vor allem längere Aufenthalte in der Natur verbunden mit Aktivitäten des Körpers führen das menschliche Gemüt wieder zu einem integren Fühlen zurück. Entsteht das Gefühl des Integriertseins mit einem wahrnehmungsfreudigen Sinneserleben fließen dem Körper neue Lebenskräfte zu.
Die Problematik des heutigen Daseins liegt jedoch ganz besonders darin, dass derjenige, der sich erschöpft fühlt oder sich in vielen Ängsten oder Unruhen erlebt, keine rechte Wahrnehmung und befreiende Empfindung der Verbundenheit entwickeln kann. Der Mensch ist heute in vielen Depressionen, Ängsten und Stresssituationen mit allen möglichen Konflikten gefangen und somit ist sein Bewusstsein wie an den Leib fixiert. Die Gedanken kreisen um die Probleme und bestimmen den Tonus der Gefühle. Wenn der Einzelne mit diesen fixierten Stressformen in die Natur hinausgeht, atmet er weniger den Duft der Natur ein und nimmt weniger das Zwitschern der Vögel wahr, sondern er bleibt in seinem eigenen auszehrenden Kreislauf der Ängste und mentalen Fixierungen eingebunden. Die Psyche ist wie besetzt und lässt die wartenden Empfindungen der natürlichen Umgebung nicht wirklich durch die Sinne hereinströmen.
Derjenige, der sich in dieser Situation befindet, muss sich durchaus eine etwas längere Bergtour oder Wanderung vornehmen, damit er über die Ausdauer die fremden Mächte der intellektuellen Suggestionszeit abschüttelt und in einen beziehungsvolleren Rhythmus findet. Auf welche Höhenlage aber muss man steigen, bis das Bewusstsein mit all seinen Fixierungen sich etwas mehr vom Körper loslöst und einen freieren Atem zulässt? Oder wie oft muss man um einen See marschieren, bis man genügend Abstand von den Alltagssorgen gewonnen hat? Die Natur trägt eine heilsame Stimmung in sich und nun ist es aber die Kunst, dass das menschliche Wahrnehmen nicht bei sich selbst in den Paketen der Sorge haften bleibt, sondern tatsächlich auf entspannte Weise zu den Stimmungen des gedeihenden Sprießens der Natur hinfindet. Diese Aktivität kann bewusst erlernt werden und sie führt zu einer besseren Integrität mit den eigenen innerleiblichen Kräften und der Beziehung zu den vielen Formen, Farben und Erscheinungen, die die Sinne bieten.
Der erste Schritt dürfte wohl darin liegen, dass sich der Einzelne jenen gezielten Vorsatz nimmt, nicht vom Alltagsleben hinaus in die Natur zu flüchten, das wäre ein Umstand, der sehr polar anmutet, sondern indem er sich einige Ziele für die Wanderung oder Naturbegehung vornimmt. Im erschöpften Zustand sind diese Vorsätze bekanntermaßen nicht leicht zu leisten, denn der Betroffene will nur einmal seine Ruhe finden und eine Kompensation fernab von den Stresssituationen des Alltags erhalten. Es ist aber meistens nicht so günstig, wenn diese Fluchtgedanken allein die Motivation zu einer Wanderung darstellen. Was oder welche Vorsätze können deshalb für einige wenige Minuten zu einer besseren Beziehungsaufnahme getroffen werden?
Man nehme sich beispielsweise vor, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Formen eines Berges zu richten oder man studiere die Anlage eines Weges, wie er sich durch einen Wald schlängelt oder sich an einem Berghang mit Serpentinen hinaufwindet. Vielseitig können die Vorsätze zu den Betrachtungen der Natur erfolgen. Heute lässt sich der Baum mit etwas weniger Grün wahrnehmen und in einigen Tagen entwickelt sich dieses Grün bereits weiter zur Fülle und lässt wieder andere Eindrücke rückwirkend auf das menschliche Gemüt zu. Die bewusst gewählten Betrachtungen sollten immer ein Teil eines Spazierganges oder einer Bergtour sein, denn durch diese steigt die Fähigkeit des Bewusstseins, sich von mitgebrachten Sorgen und Spannungen loszulösen. Man verfolge beispielsweise für zwei bis drei Minuten die Umrisse eines Hügels in der Landschaft, nehme die Konturen bewusst wahr und beobachte die verschiedenen Lichtspiele, sodass sich die Bilder rückwirkend in das Gedächtnis einprägen. Der gelenkte Sinnesstrom schafft nach einiger Zeit eine sensible Freude und für Momente zeigen sich Phasen der Regeneration. Obwohl die bewusst gewählte und vorgenommene Sinnesbetrachtung und Sinneslenkung eine Anstrengung darstellt, öffnet sie dennoch schon nach wenigen Minuten eine angenehmere Erlebensphase mit erholsamem Charakter.
Aus diesem Grunde ist die Aussage nicht ganz richtig, dass die Natur grundsätzlich heilt und eine angenehme Entspannung spendet, vielmehr ist es richtig, dass die Beziehung in bewusster wahrnehmender Anteilnahme und konkreter Gedankenbildung eine beziehungsvollere Situation eröffnet und die heilsamen Ströme der Natur besser in den Menschen eindringen können. Die Aktivität zu bewussten Vorsätzen für einige gut gewählte Sinneslenkungen und Beobachtungen kann eine feinere Entspannung im menschlichen Nervensystem spenden und im Allgemeinen die Lebenskräfte stärken.
In der Natur ist Frieden und sie hat wunderbare Farben und Gerüche….die Stille ….und das einfach “ da sein“, ohne etwas zu erwarten….eine Zeit mit Terminen gibt es nicht…die endlose Weite…..herrliche Töne…..ich kann lachen und weinen….staunen….lernen…..und eins werden mit ihr….
Habe mir gerade alle Bilder nochmal angeschaut… Bin wieder einmal mehr sehr sehr überrascht über die Vielfalt und Schönheit der Natur. Habe dadurch einen wirklichen Neuanfang in meinem Leben entdecken dürfen. Danke, danke, danke