In den allgemeinen Sprachformulierungen der modernen Zeit spricht man wohl für alle nicht materiellen Phänomene das Wort Energie aus. Während die Materie durch feste Strukturen und definierbare Beschreibungen gekennzeichnet ist, zeigt sich bei den Wesensoffenbarungen der Energie eine Bewegung oder eine Kraftumsetzung, die jedoch nur bedingt messbar oder beschreibbar ist.
In der Yogalehre existiert für alle Bewegungs- und Kraftimpulse, die auf einer ersten Stufe nicht materieller Art sind, das Wort prana. Leider wurde diese Sanskritbezeichnung von prana, die so viel heißt wie Lebensenergie, banalisiert und für allerlei psychische und physische Phänomene gebraucht. Nach genaueren Unterscheidungsmerkmalen existieren fünf sogenannte Lebensenergien oder vayu. Diese sind apana, prana, viyana, udana und samana.
In der Anthroposophie wurde bis heute diese Terminologie aus dem Sanskrit nicht übernommen, denn Rudolf Steiner lehnte sich mehr an den okzidentalen okkulten Schulen an und sprach, ähnlich wie die älteren griechischen Eingeweihten vom Ätherleib und seiner Viergliedrigkeit. Der Ätherleib ist in einen Wärmeäther, Lichtäther, chemischen Äther und Lebensäther unterteilt.
Eine Analogie dieser Äther zu den fünf vayu gelingt nur sehr bedingt, denn die phylogenetische und ontogenetische Entwicklung beruht auf relativ großen unterschiedlichen Voraussetzungen und würde den einzelnen Begriff unnötig nivellieren.
Das samana ist diejenige Energieform, die in der Verdauung lokalisiert wird. Übersetzt heißt das Wort so viel wie zusammentreffen oder harmonisch ausgleichend verbinden. Es fördert das homogene Begegnungselement. Erforscht man dieses Sanskritwort auf phylogenetische Weise, dann liegt tatsächlich in dem Wort für homogenes Zusammentreffen eine energetische Bedeutung: es zieht sich in der Verdauung der Körper zur Substanzerkraftung und zum Substanzaufbau mit seinen Enzymbewegungen und Proteasen zusammen. Er kontrahiert und substantiiert sich im Kräftewirken und dieser Vorgang geschieht auf immaterieller, das heißt allgemein gesprochen auf energetischer, konzentrierter Basis.
Am eindrücklichsten und nähesten beschreibt der sogenannten chemische Äther diese Kontraktionskraft, die im Intestinum ihre maximale Leistung edifiziert. Eine der schönsten und besten Übungen, wie diese Zentrierung in der untersten Wirbelsäule und im Verdauungsbereich etwa auf der Höhe des Nabels stattfindet, zeigt die folgende Übung baddha konasana. Die Bewegung mobilisiert sich ganz aus der Kontraktionskraft der unteren Körperregion, während der Körper nach oben freier, leichter in die Ausdehnung und Länge findet.
In der bildlichen Darstellung offenbart sich das Bewegungsverhältnis, das in dem ausgleitenden Längerwerden bei gleichzeitiger Kontraktionskraft in der Kreuzbeinregion stattfindet. Indem man auf dieses Verhältnis in der Bewegung achtet, kann der Übende die Stellung relativ leicht entwickeln und vor allem die Wirbelsäule ungezwungen in das vorwärtsbeugende Verhältnis bringen.
Die abschließende Zeichnung zeigt, wie sich aus den freien ausdehnenden und koordinierenden Bewegungsmomenten die Zentrierung im unteren Rücken entwickelt.
(Text und Ausführung: H. Grill, Sprecher: U. Mayr)